- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Yiwu, Gaoshanzhai
- Jahrgang: 2017
- Form: Bingcha, 200g
- Besonderheit: Sonnentrocknung (Shai Qing)
- Jinsong Yu (via Shui Tang)
(Original 18.09.2021)
Nach dem 2021er Gaoshanzhai von Tiago letzte Woche, bei dem ich schon kurz über den 2017er Gaoshanzhai von Yu gesprochen habe nun endlich auch zu diesem Tee heute eine Notiz.
Optisch ist das Material von beiden Tees recht ähnlich: große, kräftige, dunkle Blätter, die sehr stabil und ledrig wirken - das Blatt bei Tiagos Tee wirkt durch etwas mehr Stängel derber aber die Ähnlichkeit ist nicht zu verleugnen. Das nasse Blatt der beiden Tees wirkt aber recht unterschiedlich: das Aroma hier ist absolut phänomenal! Es hat die selbe Brombeer-Note, die mir bei dem 2019er Gaoshanzhai von TU schon so gut gefallen hat nur deutlich ausgeprägter mit fast schon schneidend-intensiven hohen Tönen, die den unreifen/grünen Charakter der Brombeeren noch verstärken - was interessant ist, da der Tee ja eigentlich älter ist. Auch wenn das Aroma für mich bei einem Sheng bei weitem nicht die wichtigste Metrik ist, ist das natürlich trotzdem eine schöne Sache - und wenn man mal von der konzentrierten Derbheit des Rareness 6 absieht, die sicher nicht jedermanns Sache ist, hat dieser Gaoshanzhai definitiv von allen Tees die ich in letzter Zeit so hatte die Nase vorne. Auf der Geschmacksebene ist ein Vergleich zu Tiagos Tee sehr spannend: während der der derbste Tee des 2021er Lineups war ist der 2017er von Yu deutlich milder und runder, wodurch er harmonischer wirkt. Die Brombeernote des Aromas findet sich im Geschmack nur sehr dezent wieder und bildet mit einer allgemeinen Fruchtigkeit und Yiwu-typischen Süße eine tolle Grundnote - deutlich mehr im Vordergrund steht die schon mal angesprochene "Grünheit", die sehr erfrischend ist und den Tee jünger wirken lässt, als erwartet. Die zweitstärkste Kraft auf der Geschmacksebene stellt eine angenehm weiche mineralische Note dar - das ist sicher sehr vom verwendeten Wasser abhängig, aber durch diese wirkt zumindest der Tee bei mir, obwohl er eigentlich recht leicht im Körper ist, trotzdem sehr gehaltvoll und hat eine schöne Textur. Allerdings kann die Vollmundigkeit evtl. auch mit der Sonnentrocknung (Shai Qing) zusammenhängen, wie kürzlich mit einem Teefreund diskutiert - im Gegensatz zu den meisten anderen Tees die ich bisher hatte, weiß man bei den Tees von Yu, dass diese sonnengetrocknet sind. Da es einfach zu viele Faktoren gibt, die damit zusammenhängen, lässt sich natürlich nicht wirklich etwas konkret auf die Sonnentrocknung zurückführen, ohne dass man einen konkreten Vergleich hat: der selbe Tee (d.h. das gleiche Material aus dem gleichen Dorf vom selben Produzent aus dem gleichen Jahr etc.) einmal mit Sonnentrocknung und einmal Trocknung unter einem Dach oder in einer Halle - ohne das Wissen ist ein Vergleich gegenüber anderen Produzenten nicht sinnvoll (zumal meist auch gar nicht angegeben ist, ob es sich um Sonnentrocknung handelt oder nicht - daher werde ich künftig bei den Tees, von denen ich es weiß dies auch mit notieren). Aber zurück zum Tee: auch wenn er nicht so bunt und laut ist wie z.B. ein Yibang hat der Tee meiner Meinung nach auf der Geschmacksebene viel zu bieten und macht ihn sehr spannend - er gefällt mir deutlich besser als die 2020er Version von Yu, der diese besondere grüne Note im Geschmack und die Brombeeren im Aroma fehlen, allerdings sagen Yu-Kenner ja, dass man seine Tees erst mal ein paar Jahre ruhen lassen soll, bevor sie sich (wieder) öffnen - um das zu beurteilen kenne ich seine Tees noch nicht gut genug, wenn man die beiden betrachtet klingt das aber einleuchtend. Was aber beide Yu-Gaoshanzhais gemeinsam haben ist, dass sie eine Klarheit haben, die ich z.B. auch bei den Tees von Peter (prSK) sehr schätze und eine schöne Tiefe bieten, genau wie ein sehr angenehmes Qi. Das ist zwar ein Tick schwächer als bei dem Tee von Tiago, aber (zumindest im Vergleich der beiden Sessions) deutlich entspannter und harmonischer - da die Energie eines Tees für mich der wichtigste Faktor ist, ist mir hier der Charakter der Energie wichtiger als die Intensität (wobei das natürlich auch wichtig ist - wenn es wie bei einem Nicht-Pu keine Energie gibt, gibt es auch nichts was positiv sein kann).
Lange Rede kurzer Sinn: für mich der beste Gaoshanzhai, den ich bisher hatte!
Bewertung: 5- oder 6-Sterne, Favorit
(Update 31.12.2022)
Der letzte Tee, den ich dieses Jahr besprechen möchte ist auch nochmals von Yu - durch den 2017er Gaoshan und den vorherigen beiden (2015er Banpen und 2013er Bangwei) sowie dem 2013er Laobanzhang hat es bei mir hinsichtlich den Tees von Yu erst so richtig "klick" gemacht - und auch wenn der Gaoshan-Thron inzwischen an den 2021er Gaoshan Danzhu von prSK geht, ist dieser hier nach wie vor mit ganz oben dabei. Das liegt vor allem an zwei Punkten: einerseits an der tollen Brombeer-Note, die trotz einer gewissen Yiwu-Grund-Süße erstaunlich wenig süß und bunt ist, sondern etwas grünes, natürliches hat (was durchaus etwas in Richtung der bei den 2021er prSK Sheng beschriebenen Natürlichkeit geht) und andererseits daran, dass der Tee genau den Gaoshan-Charakter bietet, den ich mit diesem Dorf verbinde und sehr schätze: zurückhaltend, kühl (aber trotzdem durch das Shai Qing irgendwie "geschmeidiger" als andere) und ruhig mit sehr viel Tiefe. Und daher zählt der Gaoshan von Yu regelmäßig zu meinen Lieblingen unter seinen Produktionen ... zumindest von den Tees, die ich kenne - die total abgehoben teuren sind nicht mehr meine Zielgruppe, da der Preis in keinem Verhältnis zur Leistung steht, dieser ist schlicht durch eine zu hohe Nachfrage über das erträgliche aufgebläht. Tiefe ist wie Qi (was der Tee übrigens auch ein schönes, sanft wirkendes hat) eine der etwas schwieriger zu erfassenden und vor allem beschreibenden Metriken bei einem Sheng, daher versuch ich es mal (wie öfters) mit einer Analogie: der Meng Ding Shi Hua gestern ist ein schönes Beispiel für die meisten (guten) Nicht-Pus - sie bieten wie ein Gemälde eine schön zu betrachtende Landschaft oder Darstellung von etwas, ggf. auch mit entsprechenden Spannungsbogen wie es hier der Fall war ... ein (guter) Pu (also Sheng) mit viel Tiefe hingegen ist kein Gemälde sondern eine Skulptur, durch die zusätzliche Dimension kann man diese nicht nur von einer Seite betrachten sondern von allen, was selbst bei gleichem Motiv viel mehr Komplexität und Möglichkeiten zur Entdeckung bietet.
Anmerkung: Pu-Chart mit den neuen Werten auf v2.0 aktualisiert!