- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Menghai, Bulang, Laobanzhang
- Jahrgang: 2013
- Form: Bingcha, 400g
- Besonderheit: Sonnentrocknung (Shai Qing)
- Jinsong Yu (via Shui Tang)
(Original 25.09.2021)
Seit langem mal wieder ein Laobanzhang (老班章) - wie schon öfters erwähnt habe ich mit Tee aus diesem Dorf so meine Probleme: zum einen muss man viel Vertrauen in den Produzenten haben, da LBZ eines der gefragtesten (Mainstream)-Dörfer ist und entsprechend viel mehr LBZ Tee verkauft wird, als es überhaupt gibt - und zum anderen wird der Tee, den man so üblicher weise bekommt für meinen Geschmack zu sehr auf eine Blumigkeit getrimmt, die den Tee oft paradoxerweise billig wirken lässt. Da dieser Tee von Yu stammt, lässt sich der erste Punkt zum Glück ausräumen und bezüglich des zweiten spricht der Tee für sich selbst: er geht in eine ganz andere Richtung!
Im Aroma des nassen Blatts schwingt eine gewisse Zitrusnote mit, die ergänzt mit dem Duft sauberer Fermentation einiges verspricht - jedoch sind die ersten Aufgüsse überraschend trocken (im Sinne von nicht-süß etc.), klar im Vordergrund steht hier die Reifungsnote des Tees. Diese gefällt mir aber sehr gut: absolut sauber mit dezenter, warmer Holznote harmonisiert sie hervorragend mit den subtilen herben Noten, die mich auf Grund des Aromas an Orangenzesten erinnern - alles in allem aber sehr dezent. Auch das Qi ist eher zurückhaltend: es drängt sich nicht auf sondern man muss schon aufmerksam sein und in die Tiefen des Tees schauen, um es schätzen zu können - so ergibt sich ein sehr ruhiger Charakter des Tees, Understatement pur - definitiv kein Angeber-Laobanzhang und genau deshalb gefällt er mir! Am ausgeprägtesten ist hier die weiche, ölige Textur des Tees - während manche Shengs in dem Alter zu einer gewissen sauer-aggressiven oder scharfen Textur neigen ist dieser voll und weich. Über die nächsten Aufgüsse hinweg verschieben sich die Geschmacksfacetten etwas und es rückt fast unmerklich immer mehr eine leichte Süße in den Fokus der Geschmacksebene, bis die herben/bitteren Komponenten fast vollständig in eine süß-holzig-warme, klare Komposition übergegangen sind und der Tee nun bei weitem nicht mehr so trocken wirkt, wie zu Beginn - sehr spannend! Insgesamt aber ein Tee, bei dem man gewillt sein muss, ihn mit Ruhe und Zeit anzugehen und man Freude an sauberen Alterungs-Aromen hat - ein wenig erinnert mich der Tee an den 2003er Gushu Guafengzhai, der für mich auf diesem Gebiet absolute Referenz ist, auch wenn dieser etwas "handfester" im Charakter ist. Toller Tee - mir Ausnahme eines 2009er LBZ, den ich auf einem Treffen mit Peter probieren durfte, ist das der erste seiner Art, der mir wirklich gut gefällt!
Bewertung: 6-Sterne, Favorit
(Update 06.02.2022)
Nachdem ich mir heute morgen ein für alle mal eingestehen musste, dass ich mit Shu einfach nichts anfangen kann (was als Puhead gar nicht so einfach ist!), hab ich am Nachmittag einen ordentlichen Tee gebraucht - und davon abgesehen, dass dieser Tee zweifelsohne diese Voraussetzung erfüllt, passt er gut zu der "Wrapper-Frage": der 2014er Bulang Sheng hat einen von Yus "billigen" Wrappern, der 2014er Bulang Shu hat einen von Yus "teureren" Wrappern und dieser LBZ wiederum hat ebenfalls den "billigen" Wrapper, auch wenn er bestenfalls als "mäßig preiswert" anzusehen ist (im Vergleich zu einem heute produzierten LBZ gilt sicher als Schnäppchen, aber absolut gesehen würde ich ihn schon zu den teuren Tees in meinem Hort zählen). Wie passt das zusammen? Eigentlich ja auch egal, denn was zählt sind wie üblich die inneren Werte ;-)
Zum Tee an sich gibt es nach nur ein paar Monaten natürlich nichts neues zu berichten, außer dass er mir tatsächlich so gut gefallen hat, dass ich mir trotz des Preises ein Bing zugelegt habe - hätte ich zugegeben vor diesem Tee nicht gedacht, dass das jemals der Fall sein könnte, da auf Grund der hohen Nachfrage bei LBZ das Preis-Leistungesverhältnis meist nicht so gut ist (ganz abgesehen davon, dass bei nur wenigen Dörfern so viel gefaket wird wie hier). Aber: es ist einfach ein richtig guter, schöner Tee - bei dem übrigens durchaus Parallelen zu dem 2014er Bulang zu erkennen sind, denn auch bei diesem Tee lässt sich ein sehr gelungener Reifungsprozess wahrnehmen. Aber er ist interessanterweise auf der einen Seite geschmacklich dezenter (und facettenreicher) und wirkt aber auf der anderen Seite trotzdem kräftiger, da viel mehr Tiefe als der Bulang. Am besten gefällt mir aber an dem Tee nach wie vor das tolle, sehr entspannende Qi - deshalb trinke ich Pu'erh!