(Original 22.07.2023)
Heute ist einer der spannendsten Tees im Kännchen, den ich seit langem hatte: ein Brick von einem unbekannten Produzenten über den außer das durchaus beachtliche Alter von 27 Jahren nicht viel bekannt ist - nur dass er aus Jiang Cheng kommt. Das ist eine Region direkt nördlich von Yiwu (und südlich vom Wuliang Shan) von der ich um ehrlich zu sein zuvor noch nie etwas gehört habe und soweit ich weiß auch noch nie einen Tee hatte - eben auf Grund dieser Nähe ist es aber auch wahrscheinlich, dass das Material meist als Yiwu verkauft wird, so wie es z.B. auch mit Bakanan ist (bis auf den von Peter hab ich noch nie einen Tee von dort gesehen, da das Material direkt als Lao Ban Zhang verkauft wird). Jiang Cheng wird hauptsächlich von den Yi und Hani bewohnt und hat wohl einige sehr alte Teebäume zu bieten - produziert wurde der Tee im "classic style" der pre-2000er Produktionen. Gesourct wurde der Tee von Olivier Schneider - laut ihm wurde der Tee unter "natural dry Taiwan Storage" gelagert, wenn man sich das Blatt anschaut wird aber klar, dass er davor eine sehr feuchte Phase erlebt haben muss, da das Blatt leichten "white frost" aufweist (evtl. gibt es verschiedene Batches aber bei diesem ist es definitiv der Fall). Den Tee hatten Olli, Geli und ich vor zwei Wochen an meinem letzten Abend in Kiel und wir waren zunächst recht skeptisch, da die Feuchtigkeit durchaus noch sehr präsent ist: der Tee riecht zunächst nach Keller und schmeckt unerfreulich - der initiale Eindruck entspricht einem durchschnittlichen, sehr feucht gelagertem Sheng die in 90% der Fälle total uninteressant sind, wenn man nicht gerade auf den speziellen HK-Storage Charakter steht, den diese alle unweigerlich haben. Dazu kommt noch, dass der Tee nicht mal sonderlich schwer ist - weich ja aber zu Beginn fühlt er sich enttäuschend dünn an. Da Olivier den Tee aber sehr lobt haben wir tapfer durchgehalten und es hat sich gelohnt: wie auch in der Session heute öffnet sich der Tee nach ein paar Aufgüssen und der Kellermuff geht etwas zurück - auf der Geschmacksebene kommt (neben der unausweichlichen Erdigkeit bei feuchten Tees) altes Holz (vor allem Kampfer) sowie eine leichte Mineralität und später eine dezente, zimtige Süße zum Vorschein - nichts für das man seine Schwiegermutter verkaufen würde aber doch mehr als bei einem tot-kompostierten HK-Sheng vermuten würde. Auch die Textur wird etwas interessanter: vollmundig und ölig - zwar noch immer recht leicht aber sehr angenehm. Die große Überraschung bei dem Tee ist aber das Qi: auf Grund der Feuchtigkeit habe ich hier quasi nichts erwartet, ab dem zweiten/dritten Aufguss merkt man aber doch, dass er etwas Energie zu bieten hat und diese baut sich unmerklich immer mehr auf, so dass man sich irgendwann regelrecht teadrunk wiederfindet, ohne darauf vorbereitet zu sein. Da...
Heute ist der vermutlich teuerste Tee im Kännchen, den ich bislang hatte: ein 2005er Laobanzhang (老班章) von Bajiaoting (八角亭) für den astronomischen Preis von 6,33€/g - was eigentlich WEIT über meinem Limit des vertretbaren liegt! Daher hab ich mir auch nur ein winziges 3g Sample gekauft (ich hab ja zum Glück Kännchen, die klein genug sind, damit man trotzdem eine volle Kanne bekommt), denn das sehe ich als Bildungs-Investition: die großen Namen und Laobanzhang im besonderen sind wie wir alle wissen die Tees, die am meisten gefälscht werden - somit ist es schon sehr schwer, hier gutes authentisches Material zu bekommen und noch schwerer, desto älter das Material sein soll...
Gerade bei älteren Tees ist ja auch immer das Thema Lagerung wichtig - glücklicherweise ist diese bei dem Tee sehr ordentlich (man stelle sich mal vor, wie ärgerlich es wäre ein 1kg Bing LBZ durch miese Lagerung zu ruinieren, uff): in den ersten Aufgüssen kann man einen Hauch Lagerung erahnen (die aber nicht unangenehm oder extrem ist), was aber nicht ausgeprägt genug ist, um vom Tee abzulenken. Und das ist auch das interessanteste an der Session für mich: man kann trotz des fortschreitenden Alters klar den "typischen" Laobanzhang Charakter erkennen. Nachdem Peter den im Shop bereits "hard to describe" nennt, werde ich den Nagel sicher auch nicht auf den Kopf treffen, versuche es aber trotzdem mal. Am besten geht das denke ich, wenn man Laobanzhang in Relation zu anderen Bulang-Dörfern/Regionen setzt, denn gerade im Vergleich mit z.B. Laomane werden die Unterschiede besonders deutlich: während LME eine eher samtig-breite Bitterkeit hat, was dem Tee viel Textur verleiht (insbesondre wenn noch jünger) ist diese bei LBZ eher etwas "spitzer/schärfer" und somit "enger" in der Wirkung, dafür wirkt LBZ im Vergleich frischer und leichter - was interessanterweise auch bei diesem Tee nach 19 Jahren der Fall ist. Solch einen Vergleich mit genau diesen beiden Regionen (wenn auch mit jüngeren Tees) hatten wir erst letzten Sonntag in Bern bei Längass-Tee, was schon sehr eindrücklich ist - zumal bei jüngeren Sheng auch die Geschmacks- und Aromakomponenten (z.B. eher floral vs. eher zitrus-artig, eher pflanzlich vs. deftiger Stall etc.) mehr divergieren wie bei reiferen Sheng. Und obwohl zwischen dem LBZ heute und dem von letzter Woche über ein Jahrzehnt an Altersunterschied und deutlich unterschiedliche Brühtechniken liegen sind die Parallelen verblüffend!
Und wenn man von dem eher analytischen Ansatz heute absieht lässt sich sagen, dass es auf jeden Fall ein guter Tee ist: er bietet einen ausgeprägten LBZ-Charakter mit viel Qi und Tiefe und kann insbesondere auf der Geschmacksebene punkten - qualitativ schon nochmals ein Unterschied zu dem 2004er LBZ von Dayou und da er mehr Power hat würde ich ihn sogar dem 2005er LBZ von Xi Zi Hao vorziehen. Aber: man zahlt bei Tees von berühmten Orten einfach...
Auch bei den 2023ern ist wieder ein Rareness 5 mit dabei - dieses mal wieder die Gushu-Version (wie der "normale" 2022er, der 2020er und das Original von 2019), daher dienen diese als Vergleichsmöglichkeiten - die 2022er Gaogan-Version und die 2021er Gaogan-Version sind vom Charakter her anders und sollten daher gesondert betrachtet werden.
Das Blatt ist wie man es von den Rareness 5 Versionen gewohnt ist wieder schön groß und dunkel und hat besonders im nassen Zustand ein betörenden schwer-waldig-volles Aroma das alleine schon von einer spannenden Session kündet. Bei der Dosierung war ich in Anbetracht der Größe des antiken 30ml Bianyuan Zhuni etwas zu "optimistisch", so dass ich nach 10 Aufgüssen oder so schon arge Probleme hab mehr als nur ein paar Tropfen herauszubekommen, haha - daher hab ich die weiteren Aufgüsse dann "grandpastyle" in einem kleinen 50ml Gaiwan von Andrzej Bero gemacht, was auch nochmals einen etwas anderen Blickwinkel in die Session bringt. Aber von Vorne: obwohl ich die bisherigen Rareness 5 Versionen ja gut kenne und weiß, dass diese keine stereotypischen süßen Blümchen-Yiwu sind hat mich die 2023er Version doch überrascht, da sie trotz nicht so heißem Wasser mit erstaunlich viel Bitterkeit startet - klar, die Dosierung spielt hier eine wichtige Rolle aber trotzdem ist die Bitterkeit stärker ausgeprägt als bei den Vorgängern. Klar ist auf jeden Fall auch, dass auch die 2023er Version weniger "grün" produziert ist als die 2019er Version (also eher wie die letzten beiden Gushu-Versionen) was aber hervorragend zum Charakter des Tees passt: insbesondere der Wald-Charakter findet sich auch auf der Geschmacksebene wieder was durch die Dunkelheit und Bitterkeit eine "mystische", pure Dimension bekommt. Dass die Bitterkeit nicht nur an der Dosierung liegt zeigt sich später auch in den grandpastyle Aufgüssen im Gaiwan - ist für mich aber einerseits nichts negatives und andererseits kann man das durch eine umsichtigere Dosierung sicher auch regulieren, falls es einen stören sollte. Da die Rareness 5 Reihe aber wie kein anderer Tee für die deutlich spannendere Meta-Ebene bei Pu'erh steht: das Qi ist mal wieder erstklassig! Es startet prägnant im Kopf, fließt dann spürbar in die Arme ab und hat einen schön entspannenden Charakter - genau so liebe ich das. Dass der Tee zudem ein hohes Maß an Tiefe bietet verleiht dem Tee einen tollen "reinen" Charakter der tief blicken lässt und verdeutlich, was es bedeutet wirklich gutes Gushu-Material zu trinken. Interessant ist auch das Zusammenspiel der sehr dichten Textur des Tees mit der erwähnten Bitterkeit: sie "kitzelt" etwas an der Zungenspitze - ein weiterer Punkt, was den Tee von den Vorgängern unterscheidet. Insgesamt wieder ein herausragender Tee, der für Kenner der "Serie" eine spannende Abwechslung darstellt, ohne aber deren Grundwerte über den Haufen zu werfen.
Bewertung: 6-Sterne, Favorit
Seit längerem ist mal wieder ein Nannuo(shan) (南糯山) bei mir im Kännchen - und zwar der Ban Po Lao Zhai (半坡老寨) von TTpl - lustigerweise war der letzte tatsächlich die 2022er Version von diesem Tee. Da Nannuo nach wie vor eine Region ist, für die sich bei mir kein kohärentes Bild ergeben hat (wie es z.B. bei Mansa oder Bulang der Fall ist) bin ich mit dem "Anfängergeist" an ihn herangetreten und mich überraschen lassen, was ja auch nicht schlecht ist ;-)
Wie man an der Aufgussfarbe schon gut erkennt ist der Tee eher auf der "dark side" was mir gut gefällt: insgesamt eher herb mit Bitterkeit, mossigen Waldnoten und eher Kräuter als Gemüse hat der Tee auf der Geschmacksebene einiges zu bieten und einen prägnanten Charakter. In wie weit das typisch für Nannuo und/oder Banpozhai im speziellen ist kann ich nicht beurteilen aber zusammen mit einer ordentlichen Textur definitiv eine feine Sache. Etwas schade ist, dass mir der Tee hinsichtlich Qi und Tiefe nicht viel gibt - somit bleibt die Meta-Ebene hinter den direkt erlebbaren Metriken zurück weshalb der Tee nicht in mein "Beuteschema" fällt, die Session hat aber trotzdem Spaß gemacht und mit 0,69€/g ist der Tee sicher für jemanden, dem diese Metriken wichtiger sind als mir eine Empfehlung wert. Spannend ist auf jeden Fall, wie sehr sich der Tee zur Vorjahresversion unterscheidet: "exotischer Fruchtsalat, saftig grün und frisch" klingt ganz anders als ich die 2023er Version heute erlebt habe - und wenn ich mir die Bilder anschaue ist es jetzt auch nicht so, dass die 2022er Version komplett anders verarbeitet war (auch hier ein eher dunkler Aufguss). Pu'erh sorgt einfach immer wieder für Überraschungen, egal wie viele man schon getrunken hat :-)
Bewertung: 4-Sterne
Heute ist ein Honey Oolong vom Shanlinxi Mountain im Yohen-Teekännchen von Taisuke Shiraiwa (白岩大佑作) - die Honig-Note geht hier nicht auf eine Aromatisierung sondern auf die Zikadenbisse zurück und wie der Bai Gu Shuixian hat auch dieser eine Röstung über Holzkohle erhalten. Geschmacklich zwar nicht so außergewöhnlich wie die letzten beiden dafür aber mit einer tollen Süße, die sofort Erinnerungen an einen typischen Eistee wecken - nur in gut! Ansonsten ist auch das wieder qualitativ ein hervorragender Tee, der alles was ich von Atong und Co hatte in den Schatten stellt: ein dezentes Qi, eine wunderbar weiche Textur und ganz ohne die verhasste Oolong-Schärfe - so macht selbst mir Oolong Spaß :-)
Bewertung: 5-Sterne
Auch dieses Jahr ist erfreulicherweise der Mangsheqing Gaogan (蟒蛇箐高杆) wieder mit dabei, nachdem die 2022er Version eines der absoluten Highlights des Jahrgangs für mich war! Die Hintergrundinfos zu diesem Ort wiederhole ich hier nicht nochmals, das kann man alles beim 2022er nachlesen - spannender ist heute eher der Vergleich zum Vorgänger und einer 2021er Maocha-Version, die wir an unserem Teetreffen hatten ;-)
Zunächst mal im Vergleich zum 2022er: die beiden Tees sind sich sehr sehr ähnlich - und zwar in allen Metriken! Qi, Tiefe, Charakter usw. ist auch der 2023er wieder überall an dem oberen Ende der Skala, was auch den aktuellen Jahrgang zu einem Top-Tee macht - und die einzelnen Metriken haben sehr starke Parallelen zum Vorjahr wie z.B. dass das Qi sowohl in der Intensität als auch im Charakter nahezu identisch ist. Am ehesten findet man auf der Geschmacksebene Abweichungen, da er mir dieses Jahr etwas gesetzter vorkommt (minimal!) und vor allem die "fleischige" Note des 2022ers nicht vorhanden ist - dadurch kommt das kräutrig-fruchtige klarer zum Tragen, was auch fein ist und eine "waldige" Note ist wahrnehmbar, ähnlich wie ich sie beim Guangbie beschrieben habe. Um so überraschender war, wie sehr sich die beiden von der 2021er Version unterschieden haben: diese war gefühlt sehr viel dunkler, schwer fleischig mit viel Kräutern - die Fruchtigkeit kam da erst später und dezenter zum tragen. Hätte ich es nicht gewusst hätte ich darauf getippt, dass der Tee deutlich älter ist als die 2023er/2022er Versionen - wirklich verrückt! Natürlich kann man nun argumentieren, dass Maocha ganz anders reift als ein gepresster Tee (was auch vollkommen richtig ist) aber bei nur einem (bzw. zwei) Jahr(en) Unterschied war das dennoch verblüffend - und gelagert wurde der Tee in China, also keine extreme Lagerung wie Hong Kong oder so. Daher war das ein sehr spannender Ausblick darauf, wie sich die Tees entwickeln KÖNNTEN - für eine tatsächliche Einschätzung fehlt mir hier die Erfahrung mit der Region. Ich kann nur sagen, dass mir alle Mangsheqing wirklich sehr gut gefallen und neben den "stillen Wassern" (wie einen Rareness5) genau die Art von Sheng sind, die es mir angetan haben.
Bewertung: 6-Sterne, Favorit
Der letzte Naka-Jahrgang von Peter liegt mit der 2019er Version nun schon einige Jahre zurück - um so gespannter war ich auf den aktuellen Jahrgang! Wir hatten den Tee natürlich auch schon an unserem letzten Tee-Treffen zusammen getrunken - unter anderen auch in einem spannenden Vergleich zweier nahezu identischen Duanni-Kännchen, von denen die eine jedoch im Holzbrand gebrannt wurde - aber in einer Single-Session kann man sich doch nochmals anders auf einen Tee konzentrieren.
Die erste Stärke des Tees zeigt sich bereits im Aroma: eine wunderschöne, nussige Röst-Note die auch schon bei der 2019er-Version vorhanden war, mir dieses mal jedoch deutlich ausgeprägter erscheint. Diese findet sich erfreulicherweise auch auf der Geschmacksebene wieder, was mir sehr zusagt und dem Tee einen gewissen "wilden" Charakter von Lagerfeuer und Natur gibt - selbstverständlich in Verbindung mit einer angenehmen Bitterkeit. Und auch hier lohnt es sich mit der Temperatur etwas niedriger zu gehen, denn dann kommt die zitrusartige Fruchtigkeit schön zur Geltung, die mir ebenfalls gut gefällt und somit die Geschmackseben zu der absoluten Stärke des Tees macht und dem Tee viel Charakter gibt! Ebenfalls positiv ist das Qi zu bewerten: zwar insgesamt gesehen auf einem sehr ordentlichen Level, Naka-spezifisch aber nicht unbedingt das stärkste das ich kenne - was allerdings nichts negatives ist, denn gerade wenn ein Naka ein sehr intensives Qi hat neigen die Tees zu dem "dritten Auge" Feeling, sprich die Energie konzentriert sich so sehr auf einen Punkt an der Stirn dass es teilweise sogar unangenehm sein kann. Hier startet es zwar auch klar abgegrenzt an der Stirn aber nicht so scharf konzentriert dass es unangenehm wäre und fliest dann auch ab, was die Sache deutlich entspannter macht. Etwas schade, für Naka aber ebenfalls nicht untypisch ist, dass die Textur z.B. im Vergleich zu dem Mansa deutlich weniger ausgeprägt ist, der Tee ausdauertechnisch etwas schwächer ist und immer ein gewisses Maß an Aggressivität mitschwingt - letzteres kann wenn einen das stört ggf. durch die Wahl der Keramik beeinflusst werden - das "Schiefer-Kännchen" von Jiri Duchek ist da jedoch trotz offenporigem Ton keine Hilfe, dafür kommen die Röstnoten gefühlt besser zur Geltung. Immer wieder spannend, wie dieses Kännchen unvorhergesehene Ergebnisse bringt :-)
Bewertung: 5-Sterne
Der Oolong mit dem stärksten Qi von unserem Tee-Treffen mit Peter war eindeutig der Bai Gu - das war der Tee, den ich bei dem Review zum Dalushan kurz erwähnt hatte, wo ein Tee-Freund anschließend Schwierigkeiten beim Sprechen hatte ;-)
Zwar schlägt er bei mir nicht so extrem an aber dennoch ist die Wirkung beachtlich - vor allem wenn man ihn getrennt von potenten Shengs trinkt kommt das Qi deutlicher zum tragen (zumindest für mich)! Der Tee ist von 2021, also einen Tick älter als der Dalushan und hat eine leichte Holzkohle-Röstung erhalten (der Dalushan ist zwar ebenfalls leicht geröstet aber nicht über Holzkohle) und auch dieser kann auf voller Linie überzeugen: eine tolle, schwere Textur und eine spannende Pfefferminz-Note - dezent im Geschmack aber deutlicher im Aroma - macht den Tee zusammen mit dem Qi zu einem echten Oolong-Erlebnis. Und auch hier: die typische (für mich unangenehme) Oolong-Schärfe ist selbst bei längeren Ziehzeiten nicht vorhanden. Neben dem Dalushan einer der wenigen Oolongs, für die ich bereit wäre Geld auszugeben (falls es die Tees denn mal zu kaufen gibt) - und trotz Maximalwertung sicherheitshalber der Hinweis: es ist nicht wirklich möglich einen Oolong mit einem Pu'erh zu vergleichen, daher sind die Bewertungen nicht direkt kompatibel.
Bewertung: 6-Sterne
Bei den 2023er Sheng von Peter ist mal wieder eine "neue" Region dabei: Guangbie Laozhai (广别老寨). Guangbie liegt in Hekai in Menghai auf einer Höhe von 1590m - angeblich stammen die Samen der Bäume aus der Laobanzhang-Region (natürlich viel zu lange her, als dass man da etwas konkretes zu sagen könnte), weshalb dem Tee eine gewisse Ähnlichkeit mit LBZ nachgesagt wird. Auf Grund dessen wird Guangbie zu den Bulang Shan Cha (布朗山茶) gezählt - die man wie ich zum ersten mal gehört habe auch als Yao Cha (妖茶), zu Deutsch Dämonen-Tee bezeichnet - wohl auf Grund der Bitterkeit und des Temperaments. Bei dem Material handelt es sich natürlich um Gushu (古树) Material, was auf den ersten Blick etwas grüner wirkt als der Gaoshan gestern aber wenn man sich die schön goldgelbe Aufgussfarbe anschaut, ist das weniger ein Verarbeitungs-Thema als wohl mehr etwas inhärentes des Materials (ich hab jedoch keinen blassen Schimmer, wie das zustande kommt). Zwar ist der Charakter des Tees schon etwas grüner/frischer als beim Gaoshanzhai aber das hat natürlich auch mit der Grundlegenden Bulang-Charakteristik zu tun, so dass hier eine abschließende Beurteilung schwer fällt - dazu kommt, dass der einzige Guangbie-Sheng den ich bisher hatte ein 2006er von Xi Zi Hao (囍字號) ist, der nicht nur deutlich älter sondern auch völlig anders verarbeitet ist.
Die "dämonische" Herkunft des Tees wird bereits im Aroma angekündigt: die leicht scharfe Note, die bei einigen Bulang Shengs von der Bitterkeit künden ist da, aber begleitet von einer schön tiefen, feuchten Urwald-Note. Geschmacklich finde ich auch diese am spannendsten, gerade wenn man wie gestern beschrieben die Temperatur etwas niedriger hält und so die Bitterkeit nicht in den Vordergrund stellt: man kann förmlich den Wald schmecken/fühlen - was etwas schwer zu beschreiben ist, denn schmecken alleine wird dem nicht gerecht: es ist viel mehr das Gefühl, das die verschiedenen Aspekte des Tees wie Qi, Tiefe, Komplexität, Geschmack, Aroma usw. in einem auslösen und wirklich wild wachsende, alte Bäume von domestizierten Teegärten unterscheidet, eine ursprüngliche Klarheit, die man nicht faken kann. Apropos: Qi und Tiefe sind ganz klar die Stärken des Tees! Bereits beim ersten Schluck breitet sich die Energie vom Kopf ausgehend im ganzen Körper aus - diese "Energieverschiebung" mag ich sehr und das ist auch etwas, was das Qi eines Shengs von dem Qi eines Oolong (siehe Post zum Dalushan) unterscheidet, ganz unabhängig von der individuellen Intensität - und die Tiefe des Tees ist ein wesentlicher Bestandteil, warum sich der Tee so ursprünglich anfühlt - auch das etwas was ich bei einem guten Sheng liebe und sich nicht von anderen Teesorten nachahmen lässt. Aber auch für jemanden, dem die Geschmackseben wichtiger ist hat der Tee einiges zu bieten: bitter süß (Gewichtung je nach Art des Brühens), moosig-kräutrige Aspekte und ein intensiven, lang anhaltenden Hui Gan - alleine das wäre (wenn man von Qi, Tiefe und Komplexität absieht) schon ausreichend...
]]>Nach der kurzen Oolong-Unterbrechung gestern geht es heute wieder mit Sheng weiter: wie die letzten besprochenen davor auch heute wieder ein Yiwu, genauer gesagt ein Gaoshanzhai (高山寨). Wie bei der 2021er Version handelt es sich auch bei der 2023er Version um Danzhu (单株) Material, also Material von ausgewählten, besonders alten Bäumen. Das merkt man auch, denn der Tee ist der 2021er Version sehr ähnlich: ein mächtiges Qi, viel Tiefe und gerade wenn man den Tee mit den Gaoshan-Versionen von Yu (wie z.B. der 2023er) vergleicht auch wieder deutlich "gröber", als ich es davon von Gaoshanzhai gewohnt war. Aber das macht den Tee zu einem hervorragenden Kandidaten, um mal mit Temperatur und Zeit zu experimentieren: mit heißem Wasser erzielt man ein herbes Ergebnis mit viel Bitterkeit wie ich es auch schon bei der 2021er Version beschrieben habe - reduziert man die Temperatur und verlängert man die Zeit hat man plötzlich einen völlig anderen Tee im Schälchen! Die Bitterkeit hat nur noch eine unterstützende Funktion statt die Hauptrolle zu übernehmen und es kommen sehr schöne moosig-tiefe, dunkle Noten (der Tee ist im Vergleich zum gleichaltrigen Gaoshanzhai von Yu deutlich weniger grün) und eine spannende Süße zum tragen - ergänzt von weiteren Facetten, die sich je nach dem an welchem Punkt in der Session man sich befindet ganz unterschiedlich sein können (hat noch jemand einen Hauch von Vanille bemerkt?). Auf diese Art jüngere Sheng zu brühen (was inzwischen zu meinem Standard geworden ist) habe ich zwar schon ein paar mal hingewiesen, aber hier möchte ich es nochmals jedem ans Herz legen es auszuprobieren, denn der Unterschied ist wirklich super spannend zu beobachten! Ansonsten habe ich das Gefühl schon alles Relevante in der Besprechung des 2021er gesagt zu haben, daher halte ich mich heute kurz ;-)
Bewertung: 5- oder 6-Sterne
und noch ein Aufugss ... und der Tee ist immer noch nicht am Ende!
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