- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Yibang, Mansong
- Jahrgang: 2021
- Form: Bingcha, 250g (nur Sample vorhanden)
- Pu-erh.sk
(Original 17.07.2022)
Der direkte Nachfolger zum 2020er Mansong ist auch dieses Jahr eine der wenigen Ausnahmen, bei denen es sich nicht um Gushu sondern "nur" Dashu handelt (auch wenn Peter schreibt, dass die Bäume dieses mal etwas älter sein sollen). Genauer gesagt ist der volle Name des Tees "Mànsōng gòng chá Xiǎo gāo gān":
- Mansong (曼松) ist das Dorf in Yibang (倚邦) westlich von der Region Yiwu (易武)
- Gong (贡) bedeutet "Tribut" da Mansong eines der Dörfer ist, aus denen früher der Tribut-Tee (Gongcha, 贡茶) für den Kaiser stammte (daher ist es auch so gefragt und teuer)
- Xiao Gaogan (小高杆) bedeutet "kleine hohe Stange", gemeint sind also Teebäume von der selben Wuchsart wie bei den großen Gaogan, die z.B. beim Rareness 5 V2 verwendet wurden, nur eben nicht so groß/alt
Vorab: das Sample stammt ziemlich aus der Mitte des Bings, daher ist es recht fest gepresst und enthält mehr Bruch als üblich, was sich wie schon öfters erwähnt negativ auf den Geschmack auswirkt - daher gibt es einen Punkt Abzug. Daher ist es wie man auf den Fotos erkennen kann auch nicht so hübsch anzusehen, ich hatte aber vorab in meiner winzigen 30ml Zhuni eine Session mit nur intaktem Blattgut gemacht, die mir sehr gut gefallen hat, was bei der Einschätzung heute etwas hilft.
Durch mehr Bruch wird jedenfalls der Hauptunterschied zur 2020er Version noch verstärkt: auch wenn dieser schon wenig bunt für einen Yibang war, so hatte er doch eine sehr schöne, tiefe/volle Fruchtigkeit, die dieses mal fehlt. Vor allem in den ersten Aufgüssen, wenn ich den Tee wie üblich aufgieße, ist er sehr herb mit einem guten Maß an Bitterkeit und vor allem Adstringenz (was einen deutlichen Ausschlag in Richtung Aggressivität ausmacht). Ab dem dritten Aufguss hab ich dann schneller abgegossen (was man an der Aufgussfarbe sieht) und hier kommt dann plötzlich doch eine gewisse Fruchtigkeit durch - zwar auch eher herb (Schlehen?) aber mir gefällts (Peter schreibt, dass er den Tee "erwachsener" findet - dem kann ich zustimmen). Auch wenn der Tee etwas "zickig" ist (was auf die Komplexitäts-Metrik einzahlt) ist er doch dadurch auch sehr wandelbar und facettenreich (was ebenfalls auf die Komplexitäts-Metrik einzahlt). Vom offensichtlichen abgesehen sind insbesondere noch zwei Dinge auffällig: die Textur ist dieses Jahr deutlich schwerer (für einen Yibang sogar überraschend voll!) und das Qi wirkt etwas anders. Man merkt im Grund kaum dass es wirkt sondern nur die Auswirkung, an der auch die Verwandtschaft zum Vorgänger zu erkennen ist: nach ein paar Runden wird der Kopf leichter und zieht nach oben. Für mich sogar trotz der Adstringenz (hier hilft die Karatsu-yaki Guinomi von Dohei Fujinoki (藤ノ木土平)) ein schöner Tee - aber jemand der einen typischen Yibang sucht, wird hier höchstwahrscheinlich enttäuscht werden.
Bewertung: 4- oder 5-Sterne
(Update 26.12.2022)
Von dem Mansong hab ich mir zwar keinen Bing gekauft aber dennoch ist auch dieser Tee ein Update wert - ausnahmsweise heute in Gesellschaft, daher weniger Bilder und mit anderem Hintergrund ;-)
Da Yibang (und somit Mansong) primär von der Geschmacksebene lebt und durch einen zusätzlichen Mittrinker sich ein etwas größeres Volumen anbietet, habe ich heute das größere Hake-me Kännchen von Martin Hanus ausgewählt. Dabei sind vor allem zwei Dinge bemerkenswert aufgefallen: erstens der für Yibang untypisch herbe Geschmack - die Schlehen aus der letzten Notiz sind sofort wieder da, obwohl mit dem schönen Blattgut heute die Adstringenz absolut überschaubar ist - und zweitens ein bemerkenswert intensives Qi, das deutlich direkter und stärker ist, als ich es in Erinnerung habe. Der erste Faktor mag für einen eingefleischten Yibang-Liebhaber eher etwas negatives sein, für mich ist es jedoch (neben dem Qi) die absolute Stärke des Tees - ein wenig Frucht im Abgang ist zwar vorhanden aber das ungeschliffene herbe des Tees führt so viele Facetten zusammen, was kein bunten Paradiesvogel ergibt (was ich bei einem typischen Yibang nicht so mag) sondern eher ein unscheinbarer Dornenbusch im Nebel, an dessen Ästen es allerlei Flechten und dunkelblaue, kleine Früchte zu entdecken gibt: nicht weniger komplex aber ein Bild, das mir viel mehr liegt - fühlt es sich doch irgendwie nach der Heimat aus meiner Jugend an. Besonders schön ist auch das Qi: intensiv und anregend aber keineswegs unangenehm - der Kopf fühlt sich angenehm leicht und auch mein Mittrinker war davon beeindruckt - das zeugt von einer Qualität, die ein Sheng (unabhängig von der Herkunftsregion) erstmal erreichen muss. Das wird vor allem auch deutlich, da wir direkt im Anschluss den 2022er Mansong von TE getrunken haben: durch jüngere Pflanzen und eine radikal andere Produktion ergibt sich hier ein so grundverschiedenes Bild, dass man nie denken würde, dass beide Tees aus dem selben Dorf kommen. Ich sehe schon (oder endlich): der Tee hat mehr Komplexität zu bieten, als es zunächst den Anschein hat und es braucht noch die eine oder andere Session, bis ich den Tee verstanden habe - heute ist aber definitiv schon mal ein Fortschritt gegenüber der letzten Notiz gewesen!
Bewertung: 5-Sterne
letzter Aufguss der Session - der Tee hat definitiv Ausdauer!
Update (26.12.2022): trockenes Blatt