- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Yiwu
- Jahrgang: 2018
- Form: Bingcha, 250g
- Bi Yun Hao (碧云号) (via Puerh.uk)
Heute ist mal wieder ein sehr interessanter Tee im Kännchen: ein 2018er Yiwu Guoyoulin Water Source Area Huangshan Gushu von Bi Yun Hao. Der Name enthält so einiges an Infos: Jahrgang, Produzent und Yiwu (易武) als generelle Herkunftsregion ist klar, Guoyoulin (国有林) hat inzwischen auch etwas an Bekanntheit gewonnen (meint dass das Material aus einem Staatswald stammt) - Huangshan (荒山) ist schon nicht mehr so eindeutig, da zwar die generelle Bedeutung (verlassene/verwilderte Teepflanzen) zwar klar ist aber das nicht wirklich etwas über das Alter der Bäume aussagt (es können sowohl jüngere Pflanzen in einem angelegten Teegarten sein, die ein paar Jahre sich selbst überlassen wurden - oder Bäume, die während der Kulturrevolution abgesägt wurden und nun wieder sprießen - oder wie bei dem 2023er CYH Chawangshu Huangshan wild wachsende Gushu Bäume). Was mir jedoch nicht klar ist, ist das "Water Source Area", im Chinesischen Shuiyuanqu (水源区): bislang konnte mir keiner sagen, ob es sich dabei um eine konkrete Region handelt aber prinzipiell ist der Gedanke wohl, dass die Nähe zur Wasserquelle ein Qualitätsmerkmal darstellt - falls hier jemand konkrete Informationen hat, gerne melden!
Nun aber zum Tee: es sind wirklich sehr schöne, große, dunkle Blätter und goldene Knospen - was auf jeden Fall für einen 2018er Jahrgang ein erstaunlich fortgeschrittener Reifegrad ist. Und das merkt man auch im Aroma: sowohl beim trockenen aber vor allem beim nassen Blatt hat man sofort eine 1A Fermentation in der Nase - eindeutig mit taiwanesischem Einschlag, sauber und nicht zu feucht - hätte ich raten müssen, hätte ich den Tee sicher 3 oder 4 Jahre älter geschätzt. Auch der Aufguss hat bereits eine recht dunkle Farbe und kann mit einer durchaus schön weichen Textur punkten, auch wenn diese nicht wirklich etwas außergewöhnliches ist - die Stärke des Tees ist klar das Qi und die Tiefe! Obwohl das kleine Zini-Kännchen von Chen Ju Fang (陳菊芳) nur 50ml fasst (leer) ist bereits mit dem ersten Aufguss ein starkes Qi im Kopf spürbar - was mal wieder dafür spricht, das Qi nicht einfach nur Koffein o.ä. ist sondern unabhängig von der Menge wirkt (falls denn vorhanden). Interessant auch hier: das Qi hätte auch gut zu einem deutlich älteren Tee vom Charakter her gepasst: es startet zwar primär im Kopf und lässt diesen auch gefühlt leichter werden, bevor es sich dann im Körper verteilt - keine Spur mehr von jugendlicher Direktheit oder einer extremen Schwere, wie es z.B. beim 2019er Rarenes 5 der Fall war. Inzwischen hat es sich dort auch etwas verändert, geht aber immer noch in die selbe Richtung, welche einen schwer ins Sitzkissen sinken lässt - hier ist es zwar auch entspannend im Charakter aber leichter im Gefühl. Generell ist die Rareness5-Serie tatsächlich ein guter Vergleichsansatz für diesen Tee, denn wie der 2021er Rareness 5 V2 oder der 2022er Rareness 5 Gaogan stellt einen der Tee in den Metriken Geschmack und Charakter vor eine schwierige Entscheidung: geschmacklich ist auch dieser Tee super subtil, so dass man primär die Fermentationsnote schmeckt zusammen mit einer leichten Yiwu-Süße - charakterlich löst aber auch er die beim Rareness 5 V2 beschriebene Assoziation von einem friedlichen Bach im Wald aus, da der Tee auch diese besondere Reinheit hat (trotz fortgeschrittener Fermentation), die dem Tee auch sehr viel Tiefe gibt, ohne dass man wirklich etwas greifbares/beschreibbares hat. Das finde ich wirklich erstaunlich - das hatte ich bislang noch bei keiner taiwanesischen Boutique-Produktion - auch nicht im gehobenen Preissegment - und das freut mich ungemein, denn solche Besonderheiten sind es, die ich in einem außergewöhnlichen Sheng suche, keine aufdringlichen Eigenschaften eines kunstvoll überproduzierten Tees. Aber das bringt uns zur selben Frage wie beim Rareness 5 V2 und beim Rareness 5 Gaogan: wie bewertet man etwas, das man zwar irgendwie wahrnehmen kann, aber eigentlich eher die Abstinenz von viel Geschmack und Schwere usw. das spannende ist? Mit viel oder wenigen Punkten? Wie bei den beiden anderen Tees habe ich es daher auch hier eher niedrig bewertet, da ja nicht so viel da ist, aber es sei nochmals betont dass genau das das Spannende ist und hier die Metrik für sich alleine nicht aussagekräftig ist - es ist das Gesamtpaket aus allen Metriken, der Charakter den man zwischen den Zeilen herauslesen muss, der diesen Tee zu einem der besten, wenn nicht dem besten Boutique-Sheng jenseits von Kleinst-Produzenten wie Peter oder Yu macht! Man hat zwar die unverkennbare Taiwan-Boutique-Reifung aber sonst steht der Tee wie schon angesprochen mehr in der Tradition eines Rareness 5 oder eines 2017er Yiwu Guoyoulins von EoT (und glücklicherweise eine ganz andere Liga als der 2020er Yiwu Guoyoulin von Yiwu Tea Mountain) - was eine wirklich tolle Sache ist und auch wenn der Tee mit 1,82€/g gewiss kein Schnäppchen ist, ist er absolut sein Geld wert!
Bewertung: 6-Sterne, Favorit