• Kategorie: Pu'erh, Sheng
  • Herkunft: Thailand
  • Jahrgang: Blend aus 2016, 2019, 2022
  • Form: Bingcha, 357g (nur Sample vorhanden)
  • pu-erh.sk

Mindestens genau so sehr wie auf die beiden frischen 2022er Thailand Shengs war ich auf diesen ungewöhnlichen Tee gespannt: es handelt sich um einen Blend aus mehreren Jahrgängen interessanterweise alles Tees, die auch einzeln verfügbar und mir bekannt sind: dem 2016er Chafang Lao Cha, dem 2020er Chafang Pang San Zhou "normalen" 2019er Material von Veyan und etwas von dem 2022er mindSwitch. Das ist natürlich eine sehr spannende Sache, denn die Gelegenheit hatte ich noch nie, dass man bei einem Blend auch die einzelnen fast alle Komponenten kennt! Und da es sich hier nur um einen Blend aus unterschiedlichen Jahrgängen handelt und nicht aus unterschiedlichen Regionen handelt, stehe auch ich als eiserner Blend-Gegner der Sache aufgeschlossener gegenüber: Peter schreibt zwar, dass die Idee eines Jahresübergreifenden Blends nichts neues ist sondern so auch schon von chinesischen Factorys praktiziert wurde, die meisten Factory-Blends sind jedoch regionsübergreifend, was zu oft jedoch nur einen oberflächlich positiven Effekt (z.B. auf der Geschmacksebene) erzielt, den eigentlichen Charakter des Tees jedoch verzerrt/verfälscht. Zugegeben: bei dem durchschnittlichen Factory-Sheng wie einem 7542 ist das ziemlich egal, da das bei dem niedrigen Qualitätslevel des Ausgangsmaterials auch vollends egal ist, aber wenn man sich z.B. die Tees von W2T anschaut, kann man das sehr deutlich erkennen, da das Ausgangsmaterial teilweise auf einem Qualitätslevel ist, um - wenn nicht mit anderen Regionen vermischt - wirklich tolle Tees wie z.B. den 2020er Unicorn hervorzubringen.
Aber zurück zum Tee: man kann zwar wenn man die Einzelkomponenten kennt durchaus Verbindungen zu diesen herstellen (z.B. hat der 2016er eine sehr charakteristische Reifungsnote, die direkt auch hier erkennbar ist) aber die Summe aller drei Tees "bekämpft" sich glücklicherweise nicht gegenseitig (wie bei vielen regionsübergreifenden Blends) sondern verstärkt sich gegenseitig. Daraus gehen spannende Facetten wie z.B. eine nussige Kastanien-Note hervor, die ich so von keinem der einzelnen Tees kenne, wodurch das Aroma und der Geschmack sehr vielschichtig und komplex wirkt - mehr als es bei den "reinen" Tees der Fall ist. Ein gewisser Verlust an Tiefe und Charakter (das ist hier etwas schwierig zu definieren - natürlich hat der Blend einen sehr eigenständigen Charakter, dieser fühlt sich aber weniger tief verwurzelt an als den Charakter des Ausgangsmaterials, von dem ich meist rede - quasi der Essenz des Tees) unvermeidlich, fällt aber vor allem im Vergleich zu regionsübergreifenden Blends sehr gering aus. Spannend finde ich auch folgende zwei Beobachtungen: bei der Textur lässt sich gut erkennen, dass hier (mehr oder weniger) der Durchschnitt der drei Einzelkomponenten gebildet wird - beim Qi lässt sich das ganze aber nicht so leicht "verformeln", da zu Beginn der Session das Qi sehr intensiv ist, dann aber relativ schnell auf das Level von ungefähr dem 2020er zurückgeht, das dafür aber sehr lange durchhält. Ob das etwas mit dem verwendeten "Rezept" zu tun hat? Das genaue Mischungsverhältnis der drei Komponenten ist ja schließlich nicht bekannt.
Als vorläufiges Fazit würde ich sagen, dass das Experiment gelungen ist: es handelt sich um einen wirklich guten Tee zu einem sehr fairen Preis, der gerade in den leicht zugänglichen Metriken Geschmack und Aroma sehr viel zu bieten hat, ohne in den komplexeren Metriken zu viel zu verlieren - insbesondere wenn man ihn wie die anderen beiden 2022er Thailand Sheng vorsichtig mit etwas kühlerem Wasser brüht. Da ich aber doch sehr auf den typischen "single origin" Charakter eines Tees konditioniert bin und die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen Jahrgängen zu schätzen weiß, bin ich dennoch etwas unschlüssig was den Tee betrifft, da er wie gesagt auf der einen Seite gelungen ist, auf der anderen Seite aber nicht meinem persönlichen Beuteschema entspricht - daher werde ich den Rest des 50g Samples in nächster Zeit noch ein paar mal genauer unter die Lupe nehmen und ggf. diese Notiz nochmals aktualisieren!
Bewertung: 4-Sterne

Nachtrag: ich hatte fälschlicherweise vom 2020er Chafang Pang San Zhou als Bestandteil gesprochen, es handelt sich aber um die 2019er Version davon (also auch aus dem selben Garten von Veyan), die ich tatsächlich NICHT einzeln kenne sondern nur Maocha von 2018 und 2020. Es ist aber dennoch deutlich mehr, als man sonst über einen Blend weiß und daher ändert das nicht viel an meiner Notiz zu dem Tee ;-)

20230410_073852 trockenes Blatt

20230410_073912 Details trockenes Blatt

20230410_075047 erster Aufguss

20230410_080235 zweiter Aufguss

20230410_075101 Details Aufguss - die dunklere Farbe gegenüber den anderen beiden 2022er Pressungen lässt sich in dem Schälchen leider nicht so gut erkennen

20230410_081211 dritter Aufguss

20230410_082720 späterer Aufguss

20230410_075636 Details Bizen-Schälchen von Fujiwara Akira

20230410_085055 deutlich späterer Aufguss

20230410_093621 viel späterer Aufguss

20230410_093644 Details nasses Blatt

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