- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Yiwu
- Jahrgang: 2005
- Form: Bingcha, 400g (nur Sample vorhanden)
- Songpin Hao (宋聘号) (nur Branding, die originale Fabrik gibt es schon lange nicht mehr) (via Chenshi Chinatee)
(Original 18.04.2021)
Nach dem Tongqing Hao gestern ist heute wieder ein großer Name im Kännchen: Songpin Hao (宋聘号). Auch wenn der Name nicht ganz so viel Prestige hat (soweit ich das beurteilen kann) stammt die Marke doch auch aus der Familien-Marken Frühzeit (oder auch Hao Ji Cha" (号 级 茶)) der Puerh-Produktion und wurde 1875 gegründet - der Großteil der frühen Produktionen vor 1912 waren wohl eher von mittelmäßiger Qualität (Fokus eher auf Quantität), aber es entstanden auch ein paar der berühmtesten Tees, die auf Auktionen schon auch mal 3000000¥ erzielen (wobei das noch fast ein Schnäppchen im Vergleich zu einem Fu Yuan Chang aus den frühen 1900er Jahren ist, da wurden 2kg vor ein paar Jahren für 1700000$ verkauft). Interessierten Lesern sei hier ein Artikel von Oliver Schneider empfohlen, in dem er das Glück hatte, einen Songpin von 1910 zu trinken - auch wenn ich nicht den Grammpreis wissen möchte! Glücklicherweise gibt es aber von Songpin Hao wie auch von Tongqin Hao eine moderne Iteration (für die es sogar ein eigene Website gibt, inklusive typisch-chinesischem Imagefilm voller Pathos) nachdem die ursprünglichen Familienbetriebe in den 50ern von der Regierung geschlossen wurden, weshalb dieser Tee etwas günstiger zu erstehen ist ;-)
Bei diesem Tee handelt es sich um ein Green Label oder auch Lǜ Biao (绿标) von 2005 aus Yiwu (易武山), der aus Material von 60-80 Jahre alten Bäum(ch)en gefertigt wurde. Wie der Tongqing Hao von gestern wurde auch dieser Tee bis 2011 in Hong Kong gelagert, allerdings wirkt das hier GANZ anders: zum einen ist die Zeitspanne natürlich nicht so groß und zum anderen ist das ein Tee mit einer sehr festen Pressung der Kategorie Tee-Zange statt Tee-Piekser - dadurch "leidet" der Tee nicht unter dem typischen HK-Storage Syndrom, sondern es äußert sich nur in einer weicheren Textur, als es vermutlich sonst der Fall wäre. Und genau diese weiche Textur ist auch eine der zwei Stärken des Tees - von Anfang bis Ende ist jeder Aufguss einfach super smooth. Und das, obwohl die zweite Stärke - der wandlungsfähige Geschmack - äußerst derb startet: Leder, Stall, Pilze, ranziger Weihrauch und eine Schärfe, die mich zusammen mit der zwar nicht aufdringlichen aber doch irgendwie subtil-dominierenden pilzigen Fermentations-Note an eine Pfeffer-Pfifferlings-Soße denken lässt. Besonders spannend ist hier der Vergleich von einem glasierten Schälchen mit der Tamba-yaki Guinomi von Masafumi Ohnishi (大西雅文): während die Schärfe im glasierten Schälchen sehr konzentriert/punktuell ist, wirkt sie in der Guinomi diffuser und breiter - etwa wie wenn man auf ein Stück Chilli beißt vs. wenn ein Gericht mit etwas Chilli gewürzt ist. Je nach Aufguss gefällt mir mal das eine, mal das andere besser, denn interessanterweise wirkt das punktuelle stark genug um Ansätze von Adstringenz zu überdecken, die wenn das nicht da ist offensichtlicher werden. Mit fortschreitenden Aufgüssen wandelt sich das ganze dann und wird zahmer - jetzt eher Steinpilz-Sahnesoße mit einer schönen Süße aber nach wie vor reichhaltig. Da es im Grunde "nur" ein Xiaoshu Sheng ist, handelt es sich zwar nicht um ein Qi-Hammer aber eine dezent entspannende Wirkung hat der Tee doch, die mich etwas an die tollen entspannten 2012er Lui Shui Dong und 2012er Yishanmo von Tea Urchin denken lässt: ein (trotz Derbheit) entspannter Tee - nichts für jemanden der auf der Suche nach bunten Farben und Feuerwerk ist sondern etwas handfestes, unaufgeregtes ohne viel Tamtam was mir sehr gut gefällt (auch wenn ich hinsichtlich Optik gestehen muss: das Neifei (内飞) von Songpin Hao ist einfach cool).
Bewertung: 5- oder 6-Sterne
(Update 31.10.2021)
Da ich den Tee erst im selben Kännchen hatte, bietet es sich hier an, eines der neuen Schälchen von Stefan Andersson zu testen - die Wahl fiel dabei auf das Schälchen mit der Porzellan-Engobe, da ich so etwas noch nie hatte und es dank dem sehr dunklen Ton irgendwie doch auch gut zu dem Kännchen aus schwarzem Ton von Petr Novák passt (auch wenn das Volumen etwas großzügig ist, denn aus einem 60ml Kännchen kommen ja keine 60ml Tee). Seit der letzten Notiz zu dem Tee sind "erst" 6 Monate vergangen, daher hat sich hier natürlich noch nichts geändert - er harmonisiert auch gut mit dem Kännchen: insbesondere die Pilzigkeit kommt schön warm und weich zum Tragen, was super zu dem entspannten Charakter des Tees passt. Spannend ist nun der Einfluss von dem Schälchen: es nimmt dem Tee zwar nichts an Geschmack, ändert aber deutlich die Textur (etwas rauer - ein leichter Eindruck von Kalkstein, je nach dem welche Seite (und damit Oberfläche der Schale) mit dem Mund in Berührung kommt) und "verbreitert" das Profil des Tees insbesondere im Abgang (ähnlich wie schon in der ursprünglichen Notiz mit der Tamba-yaki Guinomi beschrieben). Da der Songping jetzt nicht unbedingt der Feingeist unter den Shengs ist, macht sich das hier vor allem bei den Spitzen bemerkbar, die sich primär aus adstringenten Komponenten zusammensetzen - das Schälchen muss ich unbedingt mal mit einem jungen, lauten Sheng der auf der Geschmacksebene lebt (hab ich da Yibang gehört?) probieren! Schöner Tee, schöne Keramik, schöne Session - da hat man zwischen den Aufgüssen auch mal Zeit, die spannenden Texturen rund um den Teetisch zu genießen