- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: Thailand
- Jahrgang: 2021
- Form: Bingcha, 357g
- pu-erh.sk
(Original 04.12.2021)
Beim mind_switch handelt es sich um die 2021er Version des 2020er Chafang Danzhu, der mir nach einer gewissen Kennenlern-Phase sehr gut gefallen hat, daher hab ich nicht gezögert und mir hiervon gleich einen Bing gekauft - dass Peter dieses mal auch Bilder von den Bäumen zeigt, hat die Entscheidung auch nochmals deutlich leichter gemacht:
Wenn das nicht Gushu ist dann weiß ich auch nicht! Wie alt die Bäume letztlich genau sind ist da auch ziemlich egal - dass sie WIRKLICH alt sind, ist mehr als offensichtlich. Das bestätigt auch, was ich letztes Jahr schon vermutet habe: das Material ist erstklassig, auch wenn die Verarbeitung zu "sophisticated" Shengs wie von Yu natürlich etwas grob wirkt. Aber ganz ehrlich: genau das gefällt mir! Ungeschminkt und roh - hier wird nichts beschönigt, das hat so ein Blatt nicht nötig. Gut, die 2020er Version war schon echt etwas ruppig auf der Geschmacksebene aber die Energie ist klasse - und darauf kommt es doch bei einem Pu an (zumindest für mich). Um so überraschender, wie sehr sich die 2021er Version unterscheidet: das Qi genau so schön wie letztes Jahr (ich hatte den Tee übrigens auch schon letzten Sonntag Mittag im winzigen 30ml Kännchen mit der selben Wirkung - an der Menge und somit nur am Coffein kann die Wirkung also nicht liegen) aber das nasse Blatt hat ein ungewohntes fruchtig-pilziges Aroma und auch wenn der Tee nicht mit Bitterkeit und Adstringenz geizt steht doch auf der Geschmacksebene eine tolle Fruchtnote von Nektarinen oder hellen Trauben im Vordergrund gepaart mit einer moosigen Tiefe (was das herrlich dunkle Blatt widerspiegelt), was den Tee deutlich zugänglicher macht als seinen Vorgänger. Ob das einfach an einem anderen Jahrgang liegt? Das wäre schon erstaunlich - als ich mich mit Peter dazu unterhalten habe, sagte er, dass der (gepresste) Tee länger trocknen durfte bzw. während der Regenzeit ohne Wrapper ruhen durfte, bevor er dann verpackt und verschickt wurde (Frühling ist inzwischen ja doch etwas her). Nun kenn ich mich mit dem Klima in Thailand nicht sonderlich aus, aber nachdem die zweite Lieferung des 2000er "Dao Jian Zhong" Qin Bings während der Regenzeit verschickt wurde und der Tee durch den Kontakt mit der Feuchtigkeit in der Luft DEUTLICH anders war, als das erste Sample (da fällt mir ein, dass ich den mal nochmals probieren muss, wie er sich inzwischen entwickelt hat), glaub ich gerne, dass das durchaus einen Unterschied macht! Wie dem auch sei: ob geplant oder nicht - der Tee ist klasse geworden. Viele verschiedene Facetten ergeben eine harmonisches, natürliches Geschmackserlebnis das zwar schon die eine oder andere Kante hat, aber das gibt dem Tee wie gesagt einen schönen "wilden" Charakter - er wirkt voller und schwerer als sein Vorgänger und hat ein ordentliches Qi, gepaart mit viel Tiefe ohne jeglichen Firlefanz: was will man mehr?
Bewertung: 6-Sterne, Favorit
(Vergleich v1.0 mit v1.01 05.03.2022)
siehe Abschnitt weiter unten
Details Aufguss - man sieht dem Tee die schwere Textur förmlich an
(Special 05.03.2022)
Vergleich mit mind_switch v1.01
Das ist eine der seltenen Gelegenheiten, wo man die Auswirkung von einem geänderten Parameter bei der Teeproduktion erleben kann - auch wenn nicht unbedingt geplant. Im Gegensatz zum ersten Batch des mind_switch (siehe oben) wurden die Bings des zweiten Batchs etwas später, vermutlich nach der Regenzeit, wohingegen die des ersten Batchs während der Regenzeit gepresst wurden - und zudem ist dieses mal die Pressung deutlich fester/härter ausgefallen als beim ersten Batch. Davon abgesehen ist (bis auf den Wrapper aber der ändert ja nichts am Tee an sich) alles gleich: das selbe Material von den selben Bäumen aus der selben Ernte vom selben Produzenten. Zwecks Vergleichbarkeit nutze ich genau das selbe Setup, wie bei meiner ursprünglichen Notiz zu v1.0. Und auch wenn man das auf den Bildern nur bedingt erkennen kann, wird das schon beim ersten Blick auf das trockene Blatt offensichtlich: das von v1.01 ist deutlich grüner und auf Grund der sehr festen Pressung, die (sofern man das anhand eines Samples beurteilen kann) auf dem Level eines traditionellen Iron Bings liegen dürfte aber zum Glück nicht ganz so heftig wie beim Rareness 6 ist, entsteht beim Lösen zwangsweise mehr Bruch. Das sorgt auf jeden Fall dafür, dass v1.01 deutlich adstringenter ist, als v1.0 und vermutlich auch dafür, dass v1.0 trotz des nur geringen Altersunterschieds schon deutlich weiter im Fermentationslevel ist - ist ja auch logisch, bei so fest gepresstem Material wie bei v1.01 kommt zwangsweise nicht so viel Luft und Feuchtigkeit ran. Ob das auch der Grund dafür ist, dass v1.01 sehr viel bitterer ist als v1.0, die mehr ins Süße ging, kann ich nicht genau sagen, liegt aber nahe (das ist ja das schöne bei solchen Vergleichen: die möglichen Parameter werden stark eingeschränkt) - über den Daumen gepeilt würde ich sagen, dass der Tee doppelt so bitter und nur halb so süß ist. Das macht den Tee aber nicht zu einem schlechteren Tee - die übrigen Parameter sind nahezu identisch und vor allem ist auch dieses einzigartige fruchtig-pilzige Aroma klar vorhanden, das dem Tee einen ganz eigenen Charakter gibt - es gibt ihm lediglich einen anderen Charakter, was ich persönlich sehr spannend finde. Um so mehr, wenn man den 2020er Chafang Danzhu kennt, der ja von den selben Bäumen stammt: auch dieser ging eher in die bitter-adstringente Richtung, was ihn weniger zugänglich machte als v1.0 des mind_switch - allerdings hatte er auch nicht die markante fruchtig-pilzige Facette im Geschmacksprofil - woher diese wohl kommt? So oder so: beide Versionen sind toll aber es ist doch erstaunlich, wie viel nur eine geänderte Pressung bei einem Tee ausmachen kann. Wer immergleiche Massenproduktionen gewohnt ist, mag mit solchen Variationen in den Produktionen Probleme haben, aber für mich machen die einerseits den Charm von solchen kleinen Spezialproduktionen (5kg von v1.0! - dafür würde ein großer Produzent noch nicht mal einen Finger rühren) aus und machen sie wirklich einzigartig und andererseits kann man davon viel lernen, was ich persönlich für den eigenen Tee-Weg sehr wichtig finde (wer immer nur den selben Nummern-Tee trinkt, wird nie etwas dazulernen). Nur eine Anmerkung kann der Nerd in mir sich nicht verkneifen: bei diesem Änderungsumfang wäre nach Semantic Versioning wohl doch eher v1.1 statt v1.0.1 (streng genommen fehlt hier der Punkt vor der Patch-Ebene in der Versionierung) angebracht, aber das sind natürlich müßige Gedanken die nichts zur Sache tun ;-)
Details Aufguss: die schwere Textur ist wie bei v1.0 sprichwörtlich sichtbar