- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Yiwu
- Jahrgang: 2013
- Form: Bingcha, 357g (nur Sample vorhanden)
- Chenyuan Hao (陈远号) via Puerh.uk
Das von Paolo angebotene CYH Sample Set ist wirklich eine spannende Gelegenheit: damit kann man sich nicht nur einen Überblick über verschiedene CYH-Produktionen verschaffen sondern vor allem auch eine frische Produktion mit einer etwas gereifteren aus der selben Region vergleichen. Das alleine wäre schon sehr spannend, was das ganze noch spannender macht ist der Fakt, dass CYH sich für eine trockene Lagerung ausspricht, die eher an einer Lagerung in unseren Breitengraten herankommt, als die sonst traditionell feuchtere Lagerung in Asien - was gerade bei Tees von hoher Qualität meiner Meinung nach ein großer Pluspunkt ist, wie ich immer wieder betone (und Peter mit seinem aktuellen Archiv-Sample-Set auch dem geneigten Trinker näher bringen möchte - Notizen dazu kommen noch, zu viele Tees, zu wenig Zeit, haha). Besonders spannend ist dabei dieser Chawangshu von 2013: für mich ist das der älteste CWS den ich bislang probieren durfte - nahezu alle hatte ich immer frisch probiert, einen großen Teil davon dank der Arbeit von Tiago.
Aber nun zum Tee: ordentliches Blatt, dem man ansieht, dass der Tee bereits etwas älter ist und bereits beim Aroma des trockenen Blatts wird klar, dass die Lagerung hervorragend ist - absolut sauber, keinerlei Off-Noten, wie sich auch beim Geschmack zeigt. Dieser ist wirklich spannend: die Basis bildet eine ausgewogene Mischung aus süß, bitter und schöne Reifungsnoten aber vor allem in den ersten ~5 Aufgüssen zeigt sich eine schöne Vanille-Note. Die Textur ist schön weich und sehr voll ohne jedoch sehr schwer zu wirken, was der Tee über die ganze Session hinweg aufrecht erhält und auch hinsichtlich Tiefe kann der Tee durchaus was bieten - insgesamt ist der Charakter des Tees jedoch sehr viel feiner und "raffinierter" als es bei den beiden 2003er CYH-Produktionen der Fall ist. Im positiven Sinne erinnert er mich etwas an den 2013er LBZ von Yu was en Charakter betrifft, auch wenn das Qi hier natürlich CWS-typisch sehr anregend statt entspannt ist. Und trotzdem tue ich mich bei der Bewertung/Einordnung des Tees schwer: der Tee macht alles richtig, hat in allen Metriken viel zu bieten, ist von top Qualität und hat eine hervorragende Lagerung erfahren - eigentlich ganz klar volle Punktzahl - und doch schafft er es nicht, mich so zu begeistern, wie es vor allem einige von Peter's Tees und auch manche von Yu's Tees schaffen. Diese Tees haben etwas ganz eigenes, das etwas tief in mir berührt und die reine Qualität transzendiert - das lässt sich natürlich nicht messen und auch nur schwer an gewissen Charaktereigenschaften festmachen, daher lässt es sich vielleicht am ehesten eine Analogie zu Tee-Keramik ausdrücken: dieser Tee ist wie ein modernes, absolut perfektes Yixing-Kännchen von allerbester Ton-Qualität - und dennoch ist mir ein antikes Kännchen, das diverse Macken hat, vielleicht nicht ganz so perfekt gießt und der Ton keine ganz so krass strahlende Farbe hat viel lieber, weil es einen eigenen Charakter hat und ein Jahrhundert irgendetwas mit dem Kännchen macht, was sich nicht wirklich in Worte fassen lässt. Ich habe mich erst die Tage mit Paolo darüber unterhalten, dass mich auch der 2022er CWS von EoT nicht restlos überzeugt hat und mir manch anderer GFZ lieber ist, obwohl CWS gemeinhin als die Kröne der Yiwu Tees bekannt ist (der Name des Gartens kommt ja nicht von ungefähr) - so ist es auch hier: wenn ich diesen Tee mit dem 2016er Gold Mark GFZ vergleiche hat der GFZ mehr "Seele" wenn man es so nennen möchte, weshalb mir dieser lieber ist - ich weiß nicht warum, aber das ist etwas, was ich bislang so gut wie nur bei Kleinstproduktionen beobachtet habe. Wie bei Hagi-yaki ist es vielleicht auch gerade das Unperfekte, was den Reiz ausmacht - wenn etwas zu perfekt ist, verliert es an Charakter.
Allerdings muss ich auch fairerweise gestehen, dass ich zum einen bislang nur wenig Erfahrung mit den Tees von CYH habe (bei Yu habe ich ja auch eine ganze Zeit gebraucht, bis ich seine Handschrift verstanden habe) und keinen guten Vergleichswert (der EoT CWS und die CWS von TE sind zu jung dafür - daher ist CWS für mich bislang noch mit einem "in your face"-Charakter behaftet) - daher sollte diese Notiz erstmal als eine vorläufige Wertung verstanden werden.
Bewertung: 5-Sterne
Nachtrag: es hat sich herausgestellt, dass es sich bei den beiden Chawang-Tees von CYH NICHT um Chawangshu handelt sondern um ein "secret garden yiwu area from 700yr old+ trees" (according to CYH) - da bin ich wohl einem Irrtum erlegen. Somit stimmen natürlich die Refernzen zu den echten Chawangshu nicht mehr - daran, dass die Tees gut sind ändert es aber natürlich nichts ;-)