- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Miaojiu, Mangsheqing
- Jahrgang: 2022
- Form: Bingcha, 250g
- Besonderheit: Gaogan-Material
- pu-erh.sk (aktuell nicht erhältlich)
Auch dieses Jahr hat Peter mal wieder etwas ganz besonderes im Programm (oder hatte? die Samples des Tees scheinen schon alle ausverkauft zu sein): Mangsheqing Gaogan (蟒蛇箐高杆). Gaogan (高杆) ist mittlerweile klar - dabei handelt es sich um die besonders hoch gewachsene Bäume, die größtenteils aus einem langen Stamm bestehen und nur oben in der Krone Blätter haben, da es weiter unten im Urwald zu wenig Licht gibt - aber Mangsheqing (蟒蛇箐) ist ein komplett neuer Ort für mich. Übersetzt bedeutet das "Boa Constrictor Bambus-Hain in einer Berg-Schlucht" und ist quasi ein Teegarten (oder eher Vorkommen, denn mitten im Urwald kann man wohl kaum von einem Garten sprechen) des Dorfes Miaojiu (ähnlich wie z.B. Chawangshu (茶王树) zu Guafengzhai (刮风寨) gehört). Miaojiu (oder Miao Jiuzhai) ist ein Dorf der Yao (瑶族) und liegt auf ca. 1400 Meter 30km nördlich von Yiwu in Mengla und um von dem Dorf zu Mangsheqing zu gelangen muss man erstmal 1h durch den Fluss Tongqing waten. Dabei scheint es sich zudem um ein Guoyoulin (国有林) Gebiet (also einen staatlich geschützten Wald) zu handeln, was den naturbelassenen Urwald erklärt, denn hier darf keine Land-/Forstwirtschaft betrieben werden - Eindrücke und Bilder kann man in diesem Blogpost (nur Chinesisch) sehen. Bei den Bäumen handelt es sich um die "klassische Teepflanze", die vor langer Zeit mal gepflanzt und dann aufgegeben wurden und sich deshalb im Urwald sehr weit nach oben recken müssen, um noch Licht abzubekommen - sprich nach dem beschwerlichen Fußmarsch muss man auch noch einen hohen Baum erklimmen, um endlich an die Teeblätter zu gelangen - kein Wunder also, dass der Preis für den Tee sehr hoch ist, denn solch eine Arbeit muss auch ordentlich entlohnt werden (und bei Peter kann man sich wenigstens sicher sein, dass das auch auf eine faire Weiße passiert)!
Für den Namen des Ortes gibt es zwei Erklärungen:
- es gibt dort tatsächlich viele Boa Constrictors, wie man z.B. in diesem Blogpost (nur Chinesisch) gut sehen kann - das ist nochmals etwas anderes wie wenn ein langnasiger Teehändler mal in einem Busch eine kleine Schlange findet und daraus dann eine riesen Geschichte macht (Storytelling soll ja gut fürs Marketing sein)
- natürlich wie bei fast allem in China eine Legende:
Kong Ming (孔明) (aka Zhuge Liang), ein Stratege aus der Zeit der drei Reiche, führte angeblich seine Soldaten durch die Gegend, die durch Miasma krank wurden (sehr oldschool - und spricht nicht unbedingt für die Qualität des Bodens, haha). Also mussten sie anhalten um sich auszuruhen und während sie sich auf die Suche nach frischem Wasser machten wurden ihre Pferde von Boa Constrictors verschlungen - es lagen nur noch die Teesamen der Pferde herum, aus denen eben diese alten Teebäume aufgingen (scheinbar mussten die Pferde Tee(samen) geladen haben, denn sonst ist die Metamorphose von Pferd zu Tee etwas fraglich - auch wenn nicht ungewöhnlich, man muss sich nur die Legende hinter Walong anschauen, siehe hier)
Jetzt aber endlich zu dem Tee an sich! Dieser ist genau so ungewöhnlich, wie der Ort von dem er stammt: optisch ist das Blatt zwar schön aber nicht auffallend - es sind ja "nur" verwilderte, normale Teepflanzen, keine verrückte Mutation wie bei dem Rareness 6 - dafür hat bereits das Aroma vom nassen Blatt Facetten, die ich so noch nirgends hatte. Für mich riecht es wie zart gebratene Hähnchenbrust mit wilden Kräutern und einem Hauch exotischer Frucht wie Kiwi - Hähnchenbrust deshalb, weil es etwas sehr saftig-fleischiges hat aber auf eine helle, leichte Art, nicht wie z.B. den Räucherspeck, den man manchmal bei einem zünftigen Sheng findet. Dieser saftige Aspekt setzt sich auch auf der Geschmacksebene fort wobei hier die Kräuter noch von einer schönen Bitterkeit begleitet werden und die Kiwi eher im Abgang kommt - der Hui Gan (回甘) des Tees hält übrigens phänomenal lange an! Dieser Tee profitiert zudem sehr davon, wenn man ihn mit etwas kühlerem Wasser (80-90°) brüht aber dafür etwas länger ziehen lässt: dadurch nimmt die Bitterkeit nicht überhand und das ungewöhnliche Kräuterfleisch mit Fruchtsoße kommt besser zur Geltung und der Körper wird voller (generell ist diese Methode insbesondere bei sehr jungen Shengs sehr zu empfehlen). Die Textur ist schön weich und voll, spannender ist aber das Qi und die Tiefe des Tees: dieses wirkt zunächst sehr lokal im Stirnbereich und fließt im Gegensatz zum Bada Danzhu von gestern auch nicht ab sondern löst sich langsam im Körper und sammelt fast unbemerkt an Stärke. Nach ein paar Aufgüssen kribbelt dann langsam auch Gesicht und Nase - zugleich wird man durch die introspektivische Qualität der Tiefe ruhiger und gelassener, so dass es fast etwas davon hat, als würde man einen Schnaps nach dem anderen trinken, ohne dass man dabei die negativen Auswirkungen des Alkohols hat. Auch wenn ich sonst ja sehr ein Freund von körperbetonten Qis bin: das ist wirklich sehr schön und ein intensives Erlebnis, ohne dass der Tee wie ein Qi-Hammer einen plätten muss. Dazu die verrückten Geschmacksfacetten und Aromen, die im Laufe der Session genügend Wandlung zeigen, um den Spannungsbogen interessant zu halten - das ist wirklich mal wieder ein grandioser, einzigartiger Tee wie ich sie bislang nur von Peter kenne - da kann kein anderer Produzent egal zu welchem Preis mithalten!
Bewertung: 6-Sterne, Favorit
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