- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Mengla, Yiwu
- Jahrgang: 2022
- Form: Bingcha, 200g (nur Sample vorhanden)
- Essence of Tea
Neben dem Chawangshu habe ich mir von den 2022er Produktionen (neben den älteren Nicht-Eigenproduktionen) noch ein Sample von dem Bai Hua Qing bestellt, da die 2021er Version für mich definitiv ein Highlight der 2021er Tees (aller Produzenten) war - bei einem vergleichsweise humanen Preis: der 2022er ist minimal preiswerter als der 2021er und liegt bei 1,49€/g. Bei Hua Qing oder auch Bai Hua Tan (百花潭) wie es wohl am chinesischen Teemarkt eher bekannt ist, ist ein Ort im Staatswald (Guoyoulin (国有林)) von Yiwu (易武), der mich letztes Jahr ziemlich überrascht hat: einerseits war er in bester, stereotypischer Yiwu-Manier sehr floral, andererseits absolut Yiwu-untypisch sehr bitter und sperrig, was den Tee zwar einerseits etwas unzugänglich gemacht hat aber andererseits auch genau seinen besonderen Charakter definiert hat: trotz aller floralen Noten hatte der Tee ein ungezügelte Kraft (vor allem hinsichtlich Qi) die direkt aus der Natur zu kommen schien. Von der 2022er Version wird im Shop behauptet, dass sie sogar noch besser als die 2021er Version sein, da mehr Regen (entgegen den Erwartungen) den Tee lebendiger und weniger adstringent gemacht haben soll - wie hätte ich da widerstehen können?
Auf jeden Fall wird bereits beim Aroma des trockenen Blatts klar, dass es wieder ein intensiver Tee ist und die namensgebende Blumigkeit des Ortes (花 = Blume) wieder mit von der Partie ist. Und bereits im ersten Aufguss ist auch genau diese spezielle Maiglöckchen-Blumigkeit von dem Vorgänger wieder zu finden - sogar noch ausgeprägter: in einem Zhuni-Kännchen ist sie schon fast zu viel des Guten und der Tee wirkt fast wie ein grüner Oolong, im Zini geht es noch, was aber an der speziellen Art der Blumigkeit liegt (wäre diese wie bei den meisten floralen Sheng wäre es trotzdem zu viel für mich). Und wie versprochen ist der Tee deutlich weniger adstringent als sein Vorgänger - die Bitterkeit ist vor allem wenn man ihn etwas pusht noch deutlich da, wird aber deutlich zahmer was den Tee definitiv zugänglicher macht ... für mich aber eher negativ zu bewerten ist, da die zuvor beschriebene Naturverbundenheit dadurch weniger zu spüren ist. Bleibt man aber auf der Geschmacksebene ist das definitiv eine feine Sache: der Tee bietet eine vielzahl an pflanzlich-dunkelgrünen Facetten, die ein Bild von feuchtem Urwald vor dem inneren Auge wachrufen, die so besser zur Geltung kommen. Sehr spannend ist auch, dass zunächst nur im Aroma des nassen Blatts dezent eine deftig-süße Note mitschwingt, wie man sie in wirklich (!) gutem Honig von einem befreundeten Imker hat (nicht der gestreckte Sirup, den man im Supermarkt kaufen kann - der hat vergleichsweise die Deftigkeit von Wasser) - wenn dann die Bitterkeit etwas nachlässt, was im Vergleich zum Vorgänger deutlich früher der Fall ist, kommt diese auch schön beim Geschmack zur Geltung. Initial ist auch die Textur zu loben: während der 2021er zu Beginn noch sehr leicht war (inzwischen hat er deutlich an Textur gewonnen!) hat der 2022er hier etwas mehr zu bieten - und dennoch muss ich sagen, dass der Tee bei weitem nicht an den 2021er herankommt (den ich erst kürzlich als Vorbereitung auf die Session heute nochmals im Kännchen hatte): der 2022er bietet zwar auch ein deutlich überdurchschnittliches Qi, an das intensive Erlebnis des 2021ers kommt er aber nicht heran - und das ist nun mal der Hauptbestandteil der Sheng-Essenz. Aber wie üblich ist das Kritik auf höchstem Niveau - man muss ich nur das Pu-Chart anschauen und sieht sofort, wie viel der Tee zu bieten hat (und dass es beileibe kein Leisetreter ist) - es ist eher eine Charakterfrage: der 2022er wirkt grüner, etwas gefälliger und kultivierter ... es ist vor allem der letzte Punkt, weshalb ich den 2021er vorziehe. Apropos: ich würde dennoch den aktuellen Bai Hua Qing dem Chawangshu jederzeit vorziehen - trotz der beschriebenen Punkte ist er spannender und hat in Punkto Qi und Tiefe für mich mehr zu bieten. Dass beide gleich bewertet sind liegt vor allem daran, dass es ja noch einen Unterschied zum 2021er Bai Hua Qing geben muss ;-)
Bewertung: 5- oder 6-Sterne