- Kategorie: Wulong Cha
- Herkunft: Taiwan
- Jahrgang: 2023, Winterernte
- Produzent Mr. Lin (via pu-erh.sk)
Afternoon tea: wir unterbrechen das Pu'erh-Programm für den ersten Oolong aus dem Sampl-Set von Peter! Die Tees hat er während seiner Letzten Taiwan-Reise gesourct und zu unserem letzten Tee-Treffen im Januar mitgebracht - und mich vollkommen überrascht! Bislang konnte ich mit Nicht-Pu nicht so viel anfangen und habe mich immer gefragt, was man daran finden kann - zumindest für mich hat Sheng Pu'erh so viel mehr zu bieten, dass ich bis auf ein paar Samples pro Jahr eigentlich kaum etwas anderes trinke. Einer der wichtigsten, wenn nicht gar DER wichtigste Punkt für mich ist dabei das Qi, dass mir quasi kein Nicht-Pu bislang bieten konnte - um so erstaunter war ich, dass es bei diesen Tees anders ist! Zwar wirkt es ganz anders, als das Qi eines Pu'erh, was meist mehr körperbetont ist - das Qi der Oolongs ist immer eine "Kopfsache" und hält auch nicht so lange an wie das eines Sheng aber alleine die Tatsache, dass es ein Qi gibt ist wirklich außergewöhnlich. Dabei ist mal wieder anzumerken, dass die Wirkung sehr unterschiedlich ist: ich erinnere mich noch gut an einen Tee-Freund, bei dem das Oolong-Qi deutlich stärker anzuschlagen scheint als bei mir und nach einem (noch zu besprechenden Tee) kaum noch reden konnte, haha! Und eine andere Sache hatten auch alle Tees die wir probiert hatten gemeinsam: Oolongs haben für mich eine sehr spezifischen "scharfen" Grundton (was ich dann z.B. "schneidend-penetrant" nenne, siehe hier), der besonders wenn man sie kräftig brüht zum tragen kommt und den ich als äußerst unangenehm empfinde - da können auch noch so viele Blümchen im Geschmack nicht darüber hinwegtrösten. Und dieser Grundton hatten bislang ALLE Oolongs die ich probiert habe in mehr oder weniger starken Ausprägung gemeinsam - auch von angesehenen Produzenten - so dass ich das schon als Charakteristikum von Oolong-Tees angesehen habe. Aber: ich habe mich getäuscht - bei keinem einzigen der Oolongs, die wir getrunken haben war das der Fall - auch nicht wenn sie wie heute in dem Kännchen von Hong Seongil (홍성일은) hoch dosiert und kräftig gebrüht werden. Außerdem mal wieder eine gute Gelegenheit den Ton-Kessel von Petr Novak einzusetzen :-)
Nun aber zu diesem spezifischen Tee: Dalushan (大崙山) sagt mir persönlich nichts (was aber nicht weiter verwunderlich ist als Pu-Head), scheint aber wie der deutlich bekanntere Dong Ding in Lugu im Nantou-Gebiet zu liegen, siehe hier. Beim Kultivar handelt es sich um ein Hybrid aus Qingxin und Jinxuan - die Röstung wurde über 4h bei 80° im elektrischen Ofen durchgeführt und das Alter der Teepflanzen wird mit 13 Jahren angegeben. Auf Grund der spätnachmittäglichen Sonne nicht ganz so gut zu erkennen ist er nur leicht geröstet - und zwar von jemandem, der wirklich was von seinem Handwerk versteht! Generell scheint das "Geheimnis" der Tees mal wieder die Liebe zum Detail und der nachhaltige Anbau ohne Pestizide und Dünger zu sein: Peter hat so einiges erzählt - von alten Teebauern (68 Jahre, produziert bereits seit 50 Jahren Tee), die in dreckigen Klamotten vom Unkrautjäten kommen, wie die starrköpfigen Alten auf Prozessschritte beharren, die in modernen Produktionen fehlen, da sie Zeit und somit Geld kosten (wie ausgedehnte Perioden, in denen der Tee rasten darf), dem meisterhaften Rösten über Holzkohle usw. - alles wiederzugeben würde hier den Rahmen sprengen. Dieser Tee hat mich auf jeden Fall am meisten "geflasht", denn abgesehen davon, dass die beiden bereits im allgemeinen genannten Punkte zutreffen hat er ein unglaubliches Nori-Aroma, was sich insbesondere zu Beginn auch auf der Geschmacksebene wiederfindet - das hatte ich noch nie bei einem Tee und ist etwas völlig anderes als die bis dato bekannten blumigen, buttrig-keksigen, honigartigen oder gerösteten Geschmacksnoten, die ich bei einem Oolong erwartet hätte. Ganz großes Kino - für mich der mit großem Abstand beste Oolong, den ich bisher hatte - da kann auch ein extrem teurer Yancha (auf einem Tee-Treffen dank eines großzügigen Teefreunds getrunken, daher kein Blogpost dazu) nicht mithalten!
Bewertung: 6-Sterne