- Kategorie: Pu'erh, Sheng
- Herkunft: Laos
- Jahrgang: 2022
- Form: Bingcha, 400g (nur Sample vorhanden)
- Tea Encounter
Dieses Jahr scheint sich Tiago mehr auf preiswertere Tees zu konzentrieren, was vor allem viele Xiaoshu Shengs bedeutet - die beiden Manzhuan sind die einzigen beiden Gushu Shengs im Lineup, zumindest aus China, denn wie 2019 gibt es dieses Jahr wieder einen Sheng aus Laos. Dieser stammt von der Laos-Seite des Tianmenshan - ob das etwas über den Charakter des Tees aussagt keine Ahnung (zu wenig Vergleichsmöglichkeiten bisher), aber wie William mit der Erwähnung der Nähe zu Guafengzhai beim Seo Pen soll das sicher auch dem Käufer einen Ansatz zur Einordnung des Tees ermöglichen, denn nachdem die sogenannten "Grenztees" Jahre (Jahrzehnte?) lang einfach als chinesische Tees verkauft (oder untergemischt) wurden treten Shengs aus Laos und Thailand seit kurzem endlich auch selbstbewusst als solche auf. Das finde ich sehr begrüßenswert, denn letztlich muss der Tee für sich sprechen: entweder er ist gut oder er ist es nicht - ob da dann Lao Ban Zhang oder etwas anderes draufsteht ist vollkommen irrelevant (wenn man mal die finanziellen Implikationen außen vor lässt), was der Seo Pen eindrucksvoll beweist: von den (bislang) getesteten 2022er ist er eindeutig der spannendste und kostet deutlich weniger als die chinesischen Kollegen. Bei dem 2019er Laos Gushu war leider nicht ganz klar, von wo genau er stammt aber ein direkter Vergleich wäre ohnehin schwierig, da damals auch etwas Xiaoshu-Material aus GFZ mit beigemischt war, was dieses mal nicht der Fall ist.
Aber nun zum Tee: das Aroma des nassen Blatts ist durchaus vielversprechend und kräftig - deutlich näher an China Sheng als Thailand Sheng aber doch mit einer leicht "anderen" Note. Im Aufguss überrascht der Tee dann etwas durch Zurückhaltung: wo der Seo Pen deutlich derber ist als seine chinesischen Kollegen ist es hier genau umgedreht und insbesondere in den ersten Aufgüssen ist er sehr zart, weshalb ich ihn direkt ab dem zweiten Aufguss etwas länger als üblich ziehen lasse. Ansonsten gefällt mir der Charakter des Tees gut: geschmacklich ist er leicht nussig mit einer bitteren Komponente - zusammen mit einer recht leichten aber trotzdem schönen Textur wirkt er insgesamt sehr frisch. Etwas Qi macht sich auch im Kopf in Form eines wachmachenden nach oben Strebens bemerkbar - dezent in der Wirkung aber immerhin. Zwar hat der Tee für meinen Geschmack etwas zu wenig Power aber insgesamt ein durchaus schöner Tee, bei dem ich im Leben nie auf Laos getippt hätte - einmal mehr ein Beweis dafür, dass man sich nicht durch kleingeistige Regionseinschränkungen blenden lassen sollte!
Und etwas Offtopic: natürlich hab ich gleich mal die neuen Stücke von Hong Seongil eingesetzt - auf Grund der vollen Glasur nehmen sie natürlich keinen großen Einfluss auf den Tee aber es ist eine wahre Freude damit zu hantieren! Insbesondere der Pitcher gießt so perfekt, dass egal wie nie etwas tropft, selbst für Hong Seongil, der hier sehr großen Wert darauf zu legen scheint, wenn man es mit den meisten anderen Künstlern vergleicht, ist dieser herausragend in der Handhabung - dazu trägt sicher auch die kugelige Formgebung mit dem praktisch zu haltenden Rand oben bei, die übrigens auch darüber hinwegtäuscht, wie viel eigentlich in diesen kleinen, dünnwandigen Pitcher reinpasst!
Bewertung: 4-Sterne