• Kategorie: Pu'erh, Sheng
  • Herkunft: China, Yunnan, Puer, Jingmai
  • Jahrgang: 2020
  • Form: Bingcha, ???g (nur ca. ein viertel Bing vorhanden)
  • Jipu Tang Tea Co. (aka "Jeep")

Im Rahmen einer gemeinsamen Bestellung eines noch zu besprechenden Tees haben Tee-Freunde und ich auch diesen Tee bestellt und aufgeteilt: all zu viel kann ich leider nicht zu sagen, da der Produzent lediglich unter dem Pseudonym "Jeep" gehandelt wird, was natürlich völlig nutzlos ist das offizielle Label ist "Jipu Tang Tea Co." (siehe auch die 2016er Bulang Longzhu, Danke für den Hinweis Jo), aber so viel: er hat verschiedene Stufen/Klassen in denen er Tees produziert und dieser stammt aus der höchsten, in der sich sonst die großen Namen zu unverschämten Preisen befinden - was doch sehr überraschend ist, da Jingmai nicht (mehr) für eine besonders hohe Qualität bekannt ist. Das früher evtl. einmal anders, als in Jingmai noch Tribut-Tee produziert wurde (also wie z.B. in Mansong) aber spätestens nachdem der Kapitalismus die Republik übernommen hatte, war Jingmai eine der Regionen, in denen besonders stark auf Produktivität gebaut wurde und entsprechend ging die Qualität in den Keller. Scheinbar gibt es aber noch ein paar wenige Gebiete, in denen die noch vorhandenen alten Bäume gut behandelt werden - was aber auch seinen Preis hat: der Tee liegt zwar DEUTLICH unter dem Preis des nächst teureren der Top-Klasse von Jeep (weshalb es auch kein weiteres Review aus dieser Klasse geben wird, da die weiteren Preise schlicht unmoralisch sind) aber mit ~1,40€/g ist er für einen Jingmai absolut exorbitant teuer, wenn man bedenkt dass die teuerste FL-Produktion (bei denen sich in den letzten Jahren die Preise auch schon vervielfacht haben) unter 0,60€/g liegt.
Aber nun zum Tee: das trockene Blatt ist recht grün (wenn auch nicht so grün wie manche anderen aktuelle Produktionen) und erinnert mich daher an die großartigen 2019er prSK-Produktionen, wobei die Pressung im Vergleich zu den auf den Westen ausgerichteten Produktionen etwas fester zu sein scheint. Das Aroma vom nassen Blatt ist zwar schön und süß, soweit könnte es aber genau so gut ein typischer FL Jingmai sein - bleibt also der erste Aufguss abzuwarten. Dieser zeigt sich schön weich und goldgelb mit seidiger Textur - es wird sofort klar, mit welcher Sorgfalt der Tee produziert wurde, was mich deutlich an die Produktionen von Yu (zumindest pre-2021) erinnert. Geschmacklich wird auch sofort klar, dass es sich um Jingmai handelt: es dominiert eine leichtgewichtige Süße, die durch dezent grünlich-bittere Noten sehr frisch wirkt, obwohl der Tee inzwischen ja auch schon bald 3 Jahre hinter sich hat, und die auch für ein lang anhaltendes Hui Gan wie von Zuckerwatte sorgt. Durch den typischen Jingmai-Charakter ist der Tee auch absolut zugänglich, regelrecht "offenherzig" und abgesehen von der offenkundig besseren Produktion nicht groß anders als einer der Top-FL-Sheng - diese schlagen ja auch alle in die selbe Kerbe von süß, freundlich, aromatisch. Und auch wenn die Süße wie gesagt nicht einfach nur eindimensional süß ist, bleibt so die Komplexität doch etwas beschränkt (eben primär dadurch, dass die Süße noch durch bittere und andere Facetten ergänzt wird). Wo mich der Tee allerdings sehr überrascht hat sind die beiden für mich am wichtigsten Metriken Qi und Tiefe: trotz aller Zugänglichkeit und Freundlichkeit lässt der Tee doch tiefer blicken, als ich es von einem Jingmai gewohnt bin und vor allem das Qi ist etwas, was ich so nicht von Jingmai egal von welchem Produzenten und zu welchem Preis kenne! Sehr deutlich ausgeprägt von einem leichtgewichtigen, "wolkigen" Charakter ist es zwar völlig anders als man es z.B. von einem hochwertigen Yiwu kennt, aber sehr angenehm - regelrecht "beschwingend", was gut zum generell leichtgewichtigen Charakter des Tees passt (der auch zu großen Teilen von der leichten, aber dennoch vorhandenen Textur herrührt - sowas muss man auch erstmal hinbekommen). Wirklich erstaunlich, ich hätte nicht gedacht, dass es in Jingmai solch einen Tee gibt - und in Anbetracht des zuvor erwähnten Preisunterschieds gegenüber anderen Regionen bin ich da wohl auch nicht alleine. Aber: wie immer hab ich natürlich auch hier etwas zu nörgeln - trotz aller Lobeshymnen auf die Qualität ist es unverkennbar ein Jingmai und Attribute wie "leichtgewichtig", "freundlich" und "zugänglich" sind eigentlich keine, die ich in einem Sheng suche, daher gibt es einen kleinen Abzug in der (wie immer subjektiven) Gesamtbewertung. Eine spannende Erfahrung ist der Tee aber allemal und ich werde den Rest mit Genuss trinken, auch wenn ich mir sicher nichts mehr davon zulegen werde.
Bewertung: 5- oder 6-Sterne

2020 Jingmai Gushu trockenes Blatt

2020 Jingmai Gushu Details trockenes Blatt

2020 Jingmai Gushu erster Aufguss

2020 Jingmai Gushu Details Aufguss

2020 Jingmai Gushu zweiter Aufguss

2020 Jingmai Gushu dritter Aufguss

2020 Jingmai Gushu Biandang is (dicht gefolgt von Bianyuan) definitiv meine liebste Kannenform :-)

2020 Jingmai Gushu späterer Aufguss

2020 Jingmai Gushu deutlich späterer Aufguss

2020 Jingmai Gushu viel späterer Aufguss

2020 Jingmai Gushu Details nasses Blatt

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