• Kategorie: Pu'erh, Sheng
  • Herkunft: Thailand, Chiang Mai
  • Jahrgang: 2000
  • Form: Bingcha, 357g (nur Sample vorhanden)
  • Hong Tai Chang (鸿泰昌) via Puerh.pl

Inzwischen hab ich ja schon so manchen Sheng aus Thailand probiert, aber einer der berühmtesten Marke war noch nicht darunter: Hong Tai Chang (鸿泰昌). Die Marke wurde in den 1930ern in Bangkok als Zweigstelle von Hong Chang gegründet, die wiederum 1888 von Ma Hong Chang in Yiwu gegründet worden sein soll und wurde nach der Kulturrevolution in den 1950ern in die Eigenständigkeit gezwungen, da die Eltern-Marke (wie viele andere) geschlossen wurde. Das interessante dabei ist, dass das Teematerial zu Beginn noch aus China importiert wurde, der Inhaber aber schnell damit begonnen hat, die lokalen Teepflanzen aus der Region Chiang Mai zu erkunden - und spätestens ab den 1950ern, als der Nachschub aus China abgeschnitten wurde, war man gezwungen sich auf Grenztee und Tee direkt aus Thailand zu verlagern. Es handelt sich bei Pu'erh aus Thailand (und anderen Ländern) also nicht um ein ganz so junges Phänomen, wie mancher glauben mag und die Technik zur Teeherstellung stammt direkt aus China! Nach 3 Generationen als Familienbetrieb ging die Marke in einen "offeneren" Zustand über, da von den Erben keiner das Geschäft weiterführen wollte - somit gibt es seither wie bei anderen großen, alten Namen wie Songpin Hao oder Tongqing Hao mehrere unabhängige Personen/Firmen, die unter diesem Namen produzieren (vorrangig ehemalige Angestellte). Dieser konkrete Tee wurde von Lao Lee produziert - laut Olivier Schneider (und Puerh.pl bezieht offensichtlich Tee von Olivier) war das eine der letzten Produktionen, die von Lao Lee im Stil der klassischen Produktionen gemacht wurde, bevor er zum heute in China üblichen modernen Ansatz überging. Für weitere Hintergrundinfos empfehle ich den Artikel von Olivier zu dem Tee oder einen Besuch im Shop von Stephane, da er einen 1960er Hong Tai Chang im Angebot hat (zum schlappen Preis von reinem Gold).
Dem Tee jedenfalls merkt man den "klassischen" Anspruch sofort an: das Blatt wirkt derb und hat ein angenehmes, leicht rauchiges Old School Aroma, das sich auch in den ersten Aufgüssen wiederfindet. Die Fermentation scheint sich gut zu entwickeln (das Klima in Thailand scheint sehr gut für Pu'erh geeignet zu sein - die wenigen Agend Sheng aus Thailand, die ich bisher kennen gelernt habe, haben sich alle sehr gut entwickelt) und wirkt sauber - aber trotz der für das Alter sehr ordentliche Reifung hat der Tee noch einiges an Aggressivität zu bieten. Diese kommt zum einen von einer leichten Adstringenz und zum anderen leider von einer gewissen Säure - hier lohnt es sich etwas mit den Parametern beim Brühen zu experimentieren, denn der Tee reagiert recht sensibel auf Veränderungen in Ziehzeit und Temperatur, so dass man die Säure gut in eine dezente Süße wandeln kann, wenn man den Tee etwas sanfter anpackt. Schwächen hat der Tee jedoch in Punkte Körper/Textur und Qi, so dass ich gestehen muss, dass mir der 2000 Dao Jian Zhong deutlich besser gefällt - der hat einen sehr einzigartigen, anderen Charakter - der Hong Tai Chang könnte genau so gut ein ordentlicher chinesischer Pu'erh sein (was ja nicht schlecht ist, sondern eigentlich ein Lob darstellt, aber spannender ist hier Trumpf).
Bewertung: 4-Sterne

20220430_081102 trockenes Blatt

20220430_081217 Details trockenes Blatt

20220430_082553 erster Aufguss

20220430_082714 Details Aufguss

20220430_083910 zweiter Aufguss

20220430_082648 Ich liebe den Wabi-Sabi Charakter von diesem schiefen, winzigen Qing-Dynastie Schälchen!

20220430_085515 dritter Aufguss

20220430_091329 späterer Aufguss

20220430_093024 deutlich späterer Aufguss

20220430_094936 viel späterer Aufguss

20220430_095025 Details nasses Blatt

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