• Kategorie: Pu'erh, Sheng
  • Herkunft: China, Yunnan, Xishuangbanna, Jiang Cheng
  • Jahrgang: 1996
  • Form: Zhuangcha (nur Sample vorhanden)
  • unbekannter Produzent (via Tee-Kontor-Kiel, aktuell nicht erhältlich)

(Original 22.07.2023)
Heute ist einer der spannendsten Tees im Kännchen, den ich seit langem hatte: ein Brick von einem unbekannten Produzenten über den außer das durchaus beachtliche Alter von 27 Jahren nicht viel bekannt ist - nur dass er aus Jiang Cheng kommt. Das ist eine Region direkt nördlich von Yiwu (und südlich vom Wuliang Shan) von der ich um ehrlich zu sein zuvor noch nie etwas gehört habe und soweit ich weiß auch noch nie einen Tee hatte - eben auf Grund dieser Nähe ist es aber auch wahrscheinlich, dass das Material meist als Yiwu verkauft wird, so wie es z.B. auch mit Bakanan ist (bis auf den von Peter hab ich noch nie einen Tee von dort gesehen, da das Material direkt als Lao Ban Zhang verkauft wird). Jiang Cheng wird hauptsächlich von den Yi und Hani bewohnt und hat wohl einige sehr alte Teebäume zu bieten - produziert wurde der Tee im "classic style" der pre-2000er Produktionen. Gesourct wurde der Tee von Olivier Schneider - laut ihm wurde der Tee unter "natural dry Taiwan Storage" gelagert, wenn man sich das Blatt anschaut wird aber klar, dass er davor eine sehr feuchte Phase erlebt haben muss, da das Blatt leichten "white frost" aufweist (evtl. gibt es verschiedene Batches aber bei diesem ist es definitiv der Fall). Den Tee hatten Olli, Geli und ich vor zwei Wochen an meinem letzten Abend in Kiel und wir waren zunächst recht skeptisch, da die Feuchtigkeit durchaus noch sehr präsent ist: der Tee riecht zunächst nach Keller und schmeckt unerfreulich - der initiale Eindruck entspricht einem durchschnittlichen, sehr feucht gelagertem Sheng die in 90% der Fälle total uninteressant sind, wenn man nicht gerade auf den speziellen HK-Storage Charakter steht, den diese alle unweigerlich haben. Dazu kommt noch, dass der Tee nicht mal sonderlich schwer ist - weich ja aber zu Beginn fühlt er sich enttäuschend dünn an. Da Olivier den Tee aber sehr lobt haben wir tapfer durchgehalten und es hat sich gelohnt: wie auch in der Session heute öffnet sich der Tee nach ein paar Aufgüssen und der Kellermuff geht etwas zurück - auf der Geschmacksebene kommt (neben der unausweichlichen Erdigkeit bei feuchten Tees) altes Holz (vor allem Kampfer) sowie eine leichte Mineralität und später eine dezente, zimtige Süße zum Vorschein - nichts für das man seine Schwiegermutter verkaufen würde aber doch mehr als bei einem tot-kompostierten HK-Sheng vermuten würde. Auch die Textur wird etwas interessanter: vollmundig und ölig - zwar noch immer recht leicht aber sehr angenehm. Die große Überraschung bei dem Tee ist aber das Qi: auf Grund der Feuchtigkeit habe ich hier quasi nichts erwartet, ab dem zweiten/dritten Aufguss merkt man aber doch, dass er etwas Energie zu bieten hat und diese baut sich unmerklich immer mehr auf, so dass man sich irgendwann regelrecht teadrunk wiederfindet, ohne darauf vorbereitet zu sein. Da der Tee auch ewig durchhält wurde daraus einer der schönsten Pu-Abende des Besuchs in Kiel - damit hätte keiner von uns gerechnet! Dennoch ist das ein Tee für eine sehr spezielle Nische: man muss den Geschmack ignorieren und Geduld mit dem Tee haben - dann kann er wirklich toll sein. Da er aber ziemlich teuer im Einkauf ist - ein typisches Problem von guten (!!) aged Shengs wird er es vermutlich eher nicht in den Verkauf schaffen, da man schon Tee-Nerd durch und durch sein muss, um für etwas das nicht schmeckt viel Geld auszugeben, haha.
Bewertung: 5- oder 6-Sterne

(Update 17.03.2024)
Diese Woche erreichte mich eine Nachricht von Geli, dass sie von diesem Tee eine neue Lieferung bekommen haben und waren positiv überrascht: die unangenehme Note von unserer gemeinsamen Session letzten Sommer sei nicht mehr vorhanden - da hab ich das Angebot eines Samples natürlich nicht abgelehnt! Dank TKK-typischem Blitz-Versand kam dieses auch schon gestern Mittag an und ich konnte es daher direkt heute selbst probieren :-)
Und tatsächlich: es ist zwar nach wie vor ein Sheng mit einer sehr feuchten Lagerung jedoch fehlt das unangenehme, was beim letzten mal irritiert hat. D.h. natürlich noch immer eine gute Portion Erdigkeit aber zumindest hat das Holz und die Süße keinen komischen Beigeschmack. Zum Glück hat sich aber an dem Qi nichts verändert: es hat noch immer die selbe Kraft und ein etwas offenporigeres Kännchen wie das von Konishi Yohei macht den Tee sogar noch sanfter und runder - was hier gut passt, da es eh keine feinen/delikaten Geschmacksnoten gibt, die man verlieren könnte - die Stärke des Tees ist das Qi und nicht der Geschmack! Zwar ist der Tee somit deutlich weniger "nischig" als einer, der gar nicht schmeckt, aber man muss mit feuchter Lagerung klar kommen können, um den Tee wirklich schätzen zu können - ich persönlich bin zwar eher ein Fan von trockener Lagerung bei dem Qi mach ich aber gerne eine Ausnahme ... und falls jemand eher auf feuchte Lagerung steht, ist das einer der besten, die mir bislang untergekommen ist!
Der Tee zeigt aber mal wieder deutlich, wie wichtig nicht nur die Lagerung ist sondern auch ein "korrekter" Transport, denn wie man sieht kann auch eine relativ kurze Zeit zumindest temporär einen Tee ziemlich aus der Bahn werfen - oder wie man an der Misere mit dem 2000er "Dao Jian Zhong" Qin Bing gesehen hat das sogar für einen längeren Zeitraum, je nach dem wie übel die Bedingungen waren. Zwar kann man es meist noch "richten", wenn man es gleich merkt aber ideal ist das natürlich nicht...

1996 Jiang Sheng Tea Brick trockenes Blatt

1996 Jiang Cheng Tea Brick Details trockenes Blatt

1996 Jiang Cheng Tea Brick erster Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick zweiter Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick dritter Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick Details Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick späterer Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick deutlich späterer Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick viel späterer Aufguss - und der Tee ist noch lange nicht am Ende!

1996 Jiang Cheng Tea Brick Details nasses Blatt

1996 Jiang Cheng Tea Brick Update (17.03.2024): erster Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick späterer Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick Details Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick deutlich späterer Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick Details Kännchen von Konishi Yoheik

1996 Jiang Cheng Tea Brick viel späterer Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick noch späterer Aufguss

1996 Jiang Cheng Tea Brick Details nasses Blatt

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