• Kategorie: Pu'erh, Sheng
  • Herkunft: China, Yunnan, ???
  • Jahrgang: 1992
  • Form: Sancha
  • pu-erh.sk (nicht mehr erhältlich)

Zugegeben: diesem Tee bin ich eher kritisch begegnet - denn hierbei handelt es sich um einen loosen Alltags-Puerh irgend einer Fabrik, bei dem der Name Programm ist. Gongting (宫廷) - das allseits bekannte "Imperial Grade" - steht schließlich für einen Tee nur aus Knospen, weshalb das Blatt auch extrem kleinteilig ist (einen Pu'erh der so aussieht würde ich normal nicht mal mit dem Arsch anschauen!) - und ausnahmslos alle Erfahrungen mit solch hochtrabend benannten Tees waren bisher negativ. Naja, trotz des stolzen Preises habe ich mir doch eine sehr kleine Menge zugelegt, die in einer winzigen Teedose von Jiri Duchek lagert, denn einerseits hat Peter einen guten Riecher für gute Tees und andererseits gibt es in seiner Beschreibung eine Referenz zum tollen 1990er Jing Gua Tuocha. Auch wenn das Brühen von solchen Bröseln in einem Single Hole Kännchen eine gewisse Herausforderung ist (zumindest bis sich der Tee mal "festgesetzt hat"), habe ich mich dennoch für das antike Zhuni Bianyuan entschieden, da es mit 30ml mein kleinstes ist und man so den Tee auch wirklich in einer Session "zu Ende" trinken kann, um den kompletten Spannungsbogen zu erleben.
Jetzt aber zum Tee: dass das Blatt super kleinteilig ist habe ich ja bereits erwähnt aber erfreulicherweise trifft auch Peters Aussage zu, dass es sich bei der Lagerung um eine trockene Taiwan-Lagerung handelt - was natürlich insbesondere in Anbetracht des Alters absolut entscheidend ist! Keinerlei Keller-Muff, saubere Reifung, warmes Holz - das Aroma ist definitiv angenehm. Und da es sich nur um Knospen handelt konzentriert sich der Tee vor allem auch auf die ersten Aufgüsse - das kann man jetzt positiv oder negativ sehen: einerseits sind die ersten Aufgüsse so sehr intensiv und haben eine tolle, wahnsinnig volle Textur, andererseits wird es gegen Ende hin langweilig, denn wenn einmal der Knospen-Flaum "abgewaschen" ist, haben diese gegenüber "richtigen" Blättern nicht mehr viel zu bieten - was man auch ganz klar an der Aufgussfarbe sieht. Dadurch ergibt sich ein linear abfallender Spannungsbogen, was zumindest für mich weniger spannend ist als ein Sheng aus richtigen Blättern, die erst aufwachen müssen und dann je nach Tee ggf. die eine oder andere Überraschung parat haben bevor das Ende in der Regel auch erst später eintritt. Apropos Sheng: irgendwie fühlt sich der Tee mehr wie ein Shu als wie ein Sheng an, was mich zugegeben ziemlich irritiert. Klar, nach 30 Jahren ist ein gutes Maß an Reifung zu erwarten aber es fühlt sich auf Grund der nur-knospen-verarbeitung anders an, als bei anderen gleichaltrigen (oder älteren) Shengs - und zwar so, wie ich mir einen idealen Shu vorstellen würde, was ein normaler Shu aber nie erreicht: eine volle Textur, angenehmes Aroma und Geschmack ganz ohne Muff, dezentes und entspannendes Qi und sogar etwas Tiefe und Komplexität. Schon nett, aber nicht das, was ich mir von einem Sheng erhoffe. Daher: sicher kein schlechter Tee und ein Beispiel für eine gute Reifung aber "not my cup of tea" und dafür ist der Preis (in meinen Augen) viel zu hoch.
Bewertung: 4-Sterne

1992 Gongting Pu trockenes Blatt

1992 Gongting Pu Details trockenes Blatt

1992 Gongting Pu erster Aufguss

1992 Gongting Pu späterer Aufguss

1992 Gongting Pu deutlich späterer Aufguss

1992 Gongting Pu viel späterer Aufguss

1992 Gongting Pu noch späterer Aufguss

1992 Gongting Pu Details erster vs letzter Aufguss

1992 Gongting Pu Details nasses Blatt

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